STEFAN GLASS |
„KOPFSPRUNG“ |
Wenn man das Bild von Stefan Glaß betrachtet,
staunt man unwillkürlich, wie sich die körperliche
Position des Schwimmers derart exakt in die Architektur
des Umfeldes einbindet – in Verlängerung
zum Sprungbrett. Der perfekte Moment – vermutlich
fein ausgewählt aus einer ganzen Serie von
Bildern. Und welche Farbkombination passt wohl
besser als Blau/Rot? Dieses Bild ist als Ganzes in
sich stimmig und schön anzuschauen. Fast möchte
man selbst in das schillernde Wasser eintauchen.
WALTER GECK |
„BLAUER PLANET“ |
Eigentlich mögen wir keine Rahmen. Das pure,
blanke Bild soll für sich sprechen und nicht durch
eine Eingrenzung in seiner Wirkung beeinträchtigt
werden. Aber in diesem Fall wertet sie das
Rund in seiner erhabenen Inszenierung weiter auf,
korrespondiert stark mit dem Motiv, und: Weil es
einmal eine kleine Auseinandersetzung über die
Rahmung an sich anregt (was Thema in der PHOTOGRAPHIE
sein wird) . Wann hebt eine Einfassung
die Aussage oder den Stil des Bildes hervor,
wann stört sie? Fest steht, dass die blauen Linien
im strahlenden Kontrast zum Rund des imaginären
Erdballs stehen und einen Fokus auf das Objekt
setzen. Überhaupt stellt Walter Geck die Imitation
des Planeten in illuminierender Farbigkeit überh.ht,
als eine Art Heiligkeit, dar. Von hinten angestrahlt
wirkt der Glaskörper fragil, ganz so wie die
Kugel unter unseren Füßen ...
JÜRGEN SOBKOWIAK |
„LOKUS-EPIPHANIE“ |
Epiphanie kommt aus dem Lateinischen und heißt
übersetzt „Erscheinung“. Lokus kommt auch aus
dem Lateinischen: „Locus Necessitatis“, „der Ort
der Notdurft“. Jürgen Sobkowiak hat beide Begriffe
zu einem rätselhaften Bildtitel im Zwiespalt
kombiniert. Dieser Überschrift unterstellt er ein
kunterbuntes Still mit witzigem Unterton, indem
er die alltäglichen Gegenstände neu ordnet und
unsere Sehgewohnheiten auf den Kopf stellt.
Die Bildästhetik erzwingt Aufmerksamkeit und
überführt in ein gar nicht so ästhetisches Thema:
Lokus-Epiphanie.
EBERHARD SCHULZ |
„HERZBLATT“ |
„Je älter, umso genauer zeichnen
sich die Lebenslinien ab“
beschreibt Eberhard Schulz
in unserer Community sein
„Herzblatt“. So fein auslaufend
wie die Blattadern in ihren Verzweigungen,
so fein ausgearbeitet
ist auch die Darstellung
dieses für die gesamte Pflanze
so wichtigen Bestandteils.
Eberhard Schulz präsentiert
einen Moment des Vergehens,
des Welkens. So schön, dass
man sich in der genauen Betrachtung
verlieren kann.
STEPHAN RÜCKERT |
„ZWISCHEN DEN
GIGANTEN“ |
Allerhöchstes fotografisches Niveau präsentiert
Stephan Rückert mit seinem Bild „Zwischen den
Giganten“. Inmitten der Düsternis ein prominent
herausgestelltes Zeichen des Glaubens:
ein Kreuz. Hell erleuchtet auf einem Kirchturm
platziert, ragt es in die anonyme, graue, dunkle
Großstadt-Architektur hinein und wirkt wie ein
Leuchtturm. Nicht nur gläubige Christen rührt
dieses perfekt ausgestaltete Motiv.
WOLFGANG BECHER |
„SCHWERTLILIENKNOSPE“ |
Ganz und gar der floralen Vielfalt verschrieben,
kennt sich Wolfgang Becher
mit deren Inszenierung bestens aus. Hier
sehen wir beispielsweise die Knospe einer
Schwertlilie in greller Farbigkeit, getoppt
von einer Vignette, die die Strahlkraft
weiter verstärkt. – Dieses Motiv ist eine
echte Stimmungskanone. So kann selbst
eine Blume in entsprechender Darstellung
durchaus erwünschte Emotionen
wecken. Passend zum Frühling, in dem
Wolfgang Becher sich gerne der sprießenden
Fruchtbarkeit widmet, um sich
dann später dem natürlichen Verlauf
der Jahreszeiten fügend, vom Vergehen
der Schönheiten inspirieren zu lassen …
Doch in diesen Tagen gilt es zunächst,
GERHARD SCHMIDT |
„HINTERMANN“ |
Faszinierend, was Gerhard Schmidt uns präsentiert: Das Close-up bringt einem das Tier sehr nahe. Wie ein Urzeitwesen scheint es
im stillen Gewässer auszuharren – zur genauen Studie. Fein zeichnet sich die unebene Struktur der Haut ab, die Beschaffenheit der
Nasenlöcher, das besondere Auge, das Amphibien fremdartig erscheinen lässt. Eigentlich verortet man Frösche und Kröten in einem
grünen Umfeld. Dass Gerhard Schmidt dieses Exemplar in Grautönen präsentiert, widersetzt sich der Sehgewohnheit und verleiht
dem Motiv etwas Rätselhaftes. Perfekt der Bildausschnitt mit Spiegelung und das Auslaufen der Schärfe ins Nichts ...
das Leben zu feiern, wann immer es geht.
KLAUS WEGELE |
„KONZEPT“ |
Perfekt! Und das ist immer
schön anzusehen. Eigentlich
schweben Tänzer in Atem beraubender
Geschwindigkeit
dahin. Bewertet wird ihre Leistung
aufgrund der Bewegungen
im Gleichklang mit der Musik.
Ist ein Stück beendet, ist der
Tanz vorüber, also das Werk
vollbracht. Der renommierte
Fotograf Klaus Wegele friert
einen extrem kurzen Moment
ein, in dem sich die Körper eines
Paares der Schwerkraft in totaler
Anspannung ihres gesamten
Körpers entziehen und in der
Luft schweben. Diese tänzerische
Figur darf interpretiert
werden: … der Mann unterstützt
sie in ihrem blinden Vertrauen?
… Es ist das Verdienst von Klaus
Wegele, dass wir diese Hochleistung
fotografisch perfekt umgesetzt
und befreit von Zeit und
Raum genießen dürfen.
THOMAS ZUG |
„GUARDONDUTY“ |
Die Kategorie Berufswelten wird
in unserer Community recht
stiefmütterlich behandelt. Kein
Wunder: Den oft drögen Alltag
der „Maloche“ fotografisch mit
Spannung aufzuladen ist ein
ehrgeiziges und anspruchsvolles
Unterfangen. Thomas Zug
hat sein Foto „GuardOnDuty“
(Wache im Dienst) zwar der Kategorie
„Architektur & Industrie“
zugeordnet, doch sein Motiv
erzählt auch vom Wirken eines
schlichten Arbeiters im Kontext
zu einem baulichen Bollwerk. Das
beeindruckt. Nicht so den Wachdienst
als kleines Rad im großen
Getriebe: Er zeigt sich gelassen
und in Gedanken versunken
auf seinem Posten, während
das Tageslicht wie ein riesiger
Heiligenschein über ihm prangt
und dunkelschwarze Leitungen
sich schlangengleich aus dem
Überirdischen ihren Weg in die
Unterwelt bahnen … Was ist da
der winzige Mensch mit seiner
kleinen Absperrung angesichts
dieser Kraftfelder? Aber genug
schwadroniert: Thomas Zug ist
an der Baustelle von Stuttgart 21
ein erzählerisch und ästhetisch
starkes Foto gelungen.
WOLFGANG GANGL |
„SARAH I“ |
High sophisticated und auf alle Fälle in der Fine-Art angesiedelt
ist das Bild von Wolfgang Gangl: Ebenfalls ein Schwarz-Weiß-
Porträt, ist es auf das Edelste aufbereitet, was sich zum Beispiel
an der Ausleuchtung der Haut festmacht, die noch in der Handinnenfläche
widerscheint. Diese Hand ist von nicht unerheblicher
Bedeutung, füllt sie doch das Bild über die reine Ästhetik hinaus
mit einem Narrativ. Sie liegt nicht etwa wie bei vergleichbaren Motiven
schlicht auf der Schulter auf, sondern der Zeigefinger weist
zum Mund, als wolle die Schönheit mit ihrem lasziven Blick zur
Verschwiegenheit auffordern. Dabei wirkt sie unnahbar.
Zwischen ihr und den Betrachtenden steht der übergro.e Kopfschmuck,
die zurückgezogene Platzierung an der rechten Bildseite
als auch die vorgeschobene Schulter … Ein bis ins Kleinste durchdachtes
Porträt.
WOLFGANG GERLACH |
„CLOSE THE GAP“ |
Wolfgang Gerlach feiert den Minimalismus
und stellt die Rundungen des weiblichen
Körpers den Kanten der Blöcke gegenüber.
Die gelungene Ausleuchtung der monochromen
Komposition hebt die Linien noch
schärfer hervor und grenzt die Flächen
deutlich voneinander ab. Als Verbindung
oder Brücke dient der Mensch. Dabei bietet
Wolfgang Gerlach keinen Hinweis auf die
Persönlichkeit. Auch die Oberflächen sind
rein. – Keine unnötige Information stört die
klare Ästhetik dieses Bildes.
HELMUT RESCH |
„REVOLTE“ |
Man hätte das Bild auch „Der
Marsch“ nennen können. Sie
sind auf dem Weg: die Frauen.
Sie schreiten voran. Durch den
transparenten Schleier klar erkennbar
die Führerin mit stolz
erhobenem Kopf, das Ziel klar
vor Augen. Die Geschlechtsmerkmale
sind deutlich erkennbar,
kein zwanghaft auferlegtes,
schamhaftes Verstecken
hinter Burkas, sondern ein Bekenntnis
zur weiblichen Identität.
Die Assoziation zur Revolte
im Iran ist greifbar … Helmut
Resch fällt auf durch seine
hintersinnigen Aussagen mit
surrealem Anklang. Er nutzt
die Fotografie als Medium zur
kritischen Auseinandersetzung.