EIN BUCH ÜBER UNSER LEBEN HEUTE: ‘CIVILIZATION’

URBAN HUMAN

Nichts weniger als ein Spiegel unserer Zeit ist der Band “Civilization”. Eine Bestandsaufnahme über Lebensräume und -umstände des Menschen mit seinem unbändigen Willen zur Gestaltung.

Die Dokumentarfotografien dieses Bildbandes machen eines ganz deutlich: Der Mensch entfernt sich mehr und mehr von sich selbst. Der Anschein, dass er sich seinen Lebensraum nach seinen Bedürfnissen gestaltet, ist ein Trugbild, denn der Zeitpunkt, an dem der Homo sapiens sich mit seinem Erfindergeist seine Existenz gesichert hatte und es keiner weiteren Expansion des Konsums mehr bedurft hätte, ist längst überschritten. Er ist in maßlosen Genuss und Komfort übergegangen – zulasten jener, die dem gierigen Egoismus ganzer Nationen geopfert wurden und heute als Klima-, Kriegs- oder Armutsflüchtlinge vor den Toren der Industrienationen stehen.

Noch nie kamen der Mensch und Bits und Bytes einander so nah. Gruselig und faszinierend zugleich. Diese neue Stufe der künstlichen Intelligenz dokumentierte Fotograf Max Aguilera-Hellweg in seiner Serie “Humanoid”. © Max Aguilera-Hellweg, Hanson Robotics, Plano, Texas, aus der Serie Humanoid, 2010

Dort dokumentieren Zivilisationskrankheiten die Dekadenz des Seins ohne entscheidenden Erkenntnisgewinn zugunsten eines Sinneswandels. Vereinzelt heben Kritiker den Zeigefinger und animieren zum Maßhalten, verantwortlichen Forschen, nachhaltigen Wirtschaften.

Doch der Fortschritt kennt kein Halten. Zu stark die Profitgier, zu verlockend die Werbeversprechen, zu faul die Wohlstandsgesellschaft. Obwohl die Weltgemeinschaft noch nie so gut vernetzt war und Kulturen sich noch nie so nahe sein können, ist trotz vieler Worte und kreativen Potenzials keine Kehrtwende in Sicht. Vielmehr scheinen heutige Kommunikationsmittel noch mehr in die Isolation zu führen.

CIVILIZATION

Auf digitaler Ebene herrschen in Gruppenverbänden Aus- und Abgrenzung, während die analoge Welt verarmt und gesellschaftliche Institutionen aufgrund mangelnden Interesses leise vor sich hin sterben. Das Leben verändert sich grundlegend.

Wohin geht es für die Menschheit? Es ist höchste Zeit für eine weltweite Bestandsaufnahme, um Richtiges in die Wege zu leiten. Deshalb ist der Bildband “Civilization” aus dem Knesebeck Verlag ein so bedeutender Beitrag. Namhafte Fotografen mit hohem Anspruch haben sich mit ihrem ganz persönlichen Blick auf unsere Zivilisation darin verewigt und laden zur Auseinandersetzung mit dem Istzustand ein.

Den gesamten Artikel finden Sie in der PHOTOGRAPHIE-ePaper-Ausgabe 11/2018.

Knesebeck Verlag
Herausgeber William A. Ewing, Holly Roussell.
352 Seiten. 485 Bilder.
55 Euro.

Fotos: Max Aguilera-Hellweg, Luca Zanier, Andrew Rowat, Sean Hemmerle
Autor: Andrea Spaeth