René Groebli in der Bildhalle Amsterdam

Das Auge der Liebe

Die Bildhalle Amsterdam freut sich, bis zum 3. April die erste Einzelausstellung einer der wichtigsten noch lebenden Schweizer Fotografen zu präsentieren. Die Serie „Das Auge der Liebe“, entstanden auf René Groeblis Hochzeitreise mit seiner Frau Rita in Paris 1952, ist ein visuelles Liebesgedicht, das das Fundament von Groeblis internationaler Karriere bildete – eine fotografische Arbeit, die ihrer Zeit weit voraus war.

„Die Kraft, die den Betrachter von René Groeblis Serie aus dem Jahr 1952 auch heute noch den Atem stocken lässt, liegt darin, dass hier nicht einfach ein Modell abgelichtet wird, dem man im äussersten Fall eine Liebesbeziehung zum Fotografen unterstellen mag, sondern hier die hohe Zeit einer Liebe, die ‚Hochzeit‘ von René Groebli und Rita in einem Hotelzimmer in Paris, kurz nach der Eheschliessung, dokumentiert wird und jeder Betrachter weiss: Jetzt, wo das Kleid der Frau weiss gleissend und am Rand ins Unscharfe verrauschend vom Körper fällt, wird jene Begegnung stattfinden, die wir aus unserem eigenen Leben kennen. Das Skandalöse der Serie ist das Lustvolle, das man zwischen den Bildern erahnt, das Überdauernde und Berührende hingegen ist die Liebe und Vertrautheit zwischen zwei Menschen. So wird die Kammer in Paris zur Herzkammer, in die wir alle einmal hineinfielen, hineinsanken. In der Hoffnung, dass diese enge Kammer sich zur Weite eines ganzen Lebens erweitern würde. In der Hoffnung, dass diese Blitzaugenblicke sich in unser Hirn und Herz einbrennen – wie die Fotos von René Groebli auf die Netzhaut ihrer Betrachter.» Stefan Zweifel, Philosoph und Kurator

René Groebli wurde am 9. Oktober 1927 in Zürich geboren. 1945 besuchte er die vorbereitende, 1946 die Fachklasse für Fotografie von Hans Finsler an der Kunstgewerbeschule Zürich. Bei Central Film und Gloria Film in Zürich absolvierte er zwischen 1946 und 1948 eine Ausbildung zum Dokumentarfilm-Kameramann und schloss als Erster in der Schweiz mit einem Diplom ab. Als Reportagefotograf führte er Aufträge für die Schweizer Zeitschrift „Die Woche“ aus, später bereiste er für die Londoner Agentur „Black Star“ Afrika sowie den Nahen und Mittleren Osten.

Bald erschienen seine ersten beiden Buchpublikationen, „Magie der Schiene“ (1949), ein poetisches Essay, und die Bildserie „Das Auge der Liebe“ (1952). In der Ausstellung „The Family of Man“, organisiert von Edward Steichen für das Museum of Modern Art in New York, war René Groebli zusammen mit den Schweizer Fotografen Werner Bischof, Robert Frank und Gotthard Schuh vertreten. 1954 wurde er, gleichzeitig mit Robert Frank, ins Kollegium Schweizerischer Photographen aufgenommen. Den Fotojournalismus gab er nach kurzer Zeit auf und gründete Mitte der 1950er Jahre ein eigenes Fotostudio für Werbe- und Industriefotografie. Groebli spezialisierte sich auf die Farbfotografie und experimentierte mit dem Dye-Transfer-Verfahren. Das US-amerikanische Magazin „Color Annual“ ehrte ihn 1957 als „Master of Color“.

Ab den frühen 1980er Jahren führte er keine kommerziellen Aufträge mehr aus, sondern widmete sich wieder seinen freien künstlerischen Essays in Schwarzweiss. Gegen Ende des 20. und während der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts arbeitete er sein Bildarchiv auf und digitalisierte die wichtigsten Fotografien seines im Verlauf von sechzig Jahren entstandenen Werkes.

In diesem Kurzfilm erzählt der große Meister selbst von seiner Arbeit und sein LebenRené Groebli