Ingo Rasp in der galerie 94

Der Gletscher vergisst nie

In seiner Arbeit der „Sahara-Sand Serie“ dokumentiert Ingo Rasp mit Luftaufnahmen ein meteorologisches Phänomen in den Schweizer Alpen und nutzt es als Narration für den universalen Prozess des Werdens, Wandels und Vergehens. Zu sehen vom 14. Januar (Vernissage am 13. Januar) bis zum 05. März 2022 in der Schweizer „galerie 94“ in Baden.

In einer Welt der ständigen Veränderung und Vergänglichkeit wollen wir alle an den aussergewöhnlichen Momenten unseres Lebens festhalten. Wir wollen einen kurzen, flüchtigen Augenblick der Zeit bewahren, um ihn unendlich zu machen und uns zu erinnern. Die Fotografie ermöglicht es uns, die unterschiedlichsten Momente, welche wir in unserem Leben erfahren zu konservieren. Wertvolle, aber auch schmerzende Erinnerungen an Menschen, Orte und emotional prägende Erfahrungen. Gleichzeitig stimulieren sie uns aber auch und versetzen uns zurück in der Zeit, bringen wieder hervor was wir einst gelebt haben. Im Ablauf der Zeit sind sie die Beständigkeit.

Als sich Anfang Februar 2021 der Himmel über der Schweiz orange färbte, zogen Höhenwinde von Afrika über das Mittelmeer nach Europa. An einem einzigen Tag trugen sie rund 80.000 Tonnen Sand und Staub aus der Sahara-Wüste mit sich. Der orange-braune Staub schlug sich schliesslich in den Schweizer Alpen nieder. Gletscher wurden mit einer farbigen Schicht aus Sediment bedeckt, ganze Bergmassive schienen in warmes, oranges Licht getaucht. Das Phänomen ist als „Blut-Schnee“ bekannt und wird in dieser Konstellation nur im Winter sichtbar.

Neue Schneefälle decken die Spuren umgehend und auf unbestimmte Zeit wieder zu und übergeben sie dem Gedächtnis der Berge und Gletscher. Mit dem Beginn des Frühlings schmilzt der Schnee langsam ab und die Zeugnisse des Geschehens kommen wieder zum Vorschein. Das Schmelzwasser trägt die farbigen Ablagerungen die Berge und Gletscher hinunter bis zum Meer. Dort, wo das Wasser auf dem Gletscher versickert, sammelt sich eine höhere Konzentration des Sahara-Staubs an, welche letztlich abstrakte orange Formen und Kompositionen bildet. Der Prozess von Entstehung und Vergänglichkeit wird in den Details eines Fotos sichtbar.

Ingo Rasp ist ein mehrfach international ausgezeichneter Luftbildfotograf. In seinen Arbeiten thematisiert er mit abstrakten Fotografien aus der Luft den universalen Prozess von Entstehung und Vergänglichkeit. In seiner Herangehensweise interpretiert er die von der Natur kreierten Strukturen als Formen, Linien und Texturen, welche seine Fotografien zunächst wie abstrakte Gemälde oder Zeichnungen erscheinen lassen. Als Bildsprache nutzt Ingo Rasp Abstraktion und Ästhetisierung, er reduziert die jeweilige Szene auf das Wesentliche und offenbart dadurch ihre wichtigsten Charakteristik.

Jede seiner Fotografien der sich verändernden alpinen Landschaften ist ein Bestreben danach, die temporären Erscheinungen zu konservieren und die Vergänglichkeit einzelner Momente festzuhalten. Die globalen Phänomene der Veränderung spiegeln sich dabei in den Details seiner Bilder wieder. Seine Arbeit befasst sich ausschliesslich mit Strukturen der Schweizer Bergwelt. Sie eröffnet neue Sichtweisen auf das uns Vertraute und überrascht zugleich mit neuen und ungewöhnlichen Perspektiven.

Ausgewählte Arbeiten des Projektes wurden an der renommierten internationalen Architektur-Biennale in Venedig 2018 gezeigt. Begleitend zu den einzelnen Schaffensperioden wird das gleichnamige Fine-Art Magazin „Alpine Strukturen“ publiziert, welches mit dem Red Dot Award: Communications Design 2018 sowie dem ersten Platz bei den IPA International Photography Awards in New York 2018 ausgezeichnet wurde.

Ingo Rasp lebt und arbeitet in Zürich und Chur.

 www.galerie94.ch 

www.ingorasp.com