Der große F.C. Gundlach ist tot

Erschütterung in der Fotoszene

Erst dieser Tage konnten wir unten stehende Ausstellung “F.C. Gundlach at Work” ankündigen. Nun ist F.C Gundlach gestorben. Umso bedeutsamer wird es sein, das Erbe dieses Pioniers der Modefotografie wie wir sie heute kennen zu beachten und zu ehren. In seinen 95 Jahren Lebenszeit erreichte er erstaunliches, nicht nur als Fotograf, sondern auch als Unternehmer, Galerist, Sammler, Kurator, Lehrer, Direktor, Stifter und Förderer.

Dunkelblauer Blazer, Einstecktuch, markante Brille – immer adrett und elegant gekleidet, so kannte man F.C. Gundlach. Er gilt als Inbegriff des hanseatischen Schicks und Grandseigneur der deutschen Modefotografie. In mehr als vier Jahrzehnten aktiver Tätigkeit avancierte er zu einem der bekanntesten Modefotografen des 20. Jahrhunderts. Seine stilprägenden Modeaufnahmen formten den Zeitgeist ganzer Generationen und sind längst Ikonen im kollektiven Bildgedächtnis. Scheinbar leicht und schwerelos posen und schweben seine Models in den jeweils aktuellen Kollektionen anmutig über die Bildfläche. Doch was so mühelos daherkommt, ist oftmals das Ergebnis harter Arbeit und detaillierter Vorbereitung. Das Erfolgsrezept des jungen Fotografen und sein maßgebliches Lebensmotto bis ins hohe Alter lauteten deshalb: Fleiß, Disziplin und ein Hauch Fortune!

F.C. Gundlach startete seine Karriere zu einer Zeit, als der Ablauf eines Shootings noch nicht von großen Produktionsfirmen organisiert wurde. Es galt: Selbst ist der Fotograf und oftmals alles in einer Person – Locationscout, Ausleuchter, Friseur, Stylist und Assistent. Seine Auftraggeber waren neben dem eleganten Magazin Film und Frau schon damals auflagenstarke Zeitschriften wie Stern, Quick, Twen und Annabelle. Doch erst seit er 1964 zur Brigitte wechselte, begleitete ihn ein kleines Team bestehend aus der Moderedakteurin, einem Assistenten und den Models. Die Koffer mit der zu fotografierenden Mode und das Equipment wurden noch eigenhändig zur Location getragen oder von vor Ort engagierten Trägern transportiert. Und so geht es zu Fuß, mit Kamel, Jeep oder Wasserflugzeug durch Dschungel, Pampa oder Wüste

Neben seiner prägnanten Formen- und Bildsprache, basierte F.C. Gundlachs Erfolg zu einem wesentlichen Teil auf dieser frühen und ausgeprägten Reisetätigkeit, die ihn wie keinen anderen Modefotografen der deutschen Nachkriegsära um den gesamten Globus führte. Im Rahmen eines Exklusivvertrages mit der Deutschen Lufthansa flog er seit 1956 um die Welt. Als Fotograf dokumentierte er die Eröffnungsflüge der neuen Langstrecken-Linien. Die Bezahlung ließ er sich findigerweise in Form von Bonus-Meilen erstatten und konnte so später mit Models und Mode für seine Modeshootings an die schönsten Locations zurückkehren.

Die Modemagazine profitierten auf diese Weise vom Gefühl von weiter Welt und ferner Exotik, das F.C. Gundlach mit seinen glamourösen Aufnahmen vermittelte. Lange vor Massentourismus und Pauschalreisen besuchte er die Pyramiden Ägyptens, die Tempelanlagen von Angkor Wat, Downtown New York oder Oscar Niemeyers futuristische Dschungelstadt Brasilia. Mit viel Feingefühl wurden die berühmten Monumente Teil seiner architektonisch ausgeklügelten Inszenierungen. Die Ausstellung „F.C. Gundlach at Work“ gibt mit etwa 95 Exponaten in schwarz-weiß und Farbe einen Einblick in die klare Bildsprache sowie die ästhetische Haltung des Fotografen. Arbeitsaufnahmen zeigen den Fotografen in Aktion und die bisweilen abenteuerlichen Umstände, unter denen seine Bilder überall auf der Welt entstanden.

Das Motiv der Reise zieht sich durch das Leben und Werk F.C. Gundlachs wie ein roter Faden. Bereits mit 10 Jahren bekam F.C. Gundlach seine erste Kamera geschenkt: eine Agfa Box. Nach einer Ausbildung in Kassel startete F.C. Gundlach seine Karriere als Bildjournalist in Stuttgart. Diese Wurzeln blieben ihm zeitlebens in Form von Bildaufbau und Reportage-Charakter erhalten. 1950 reiste er das erste Mal nach Paris, an den Sehnsuchtsort aller jungen Europäer. Hier besuchte er die glanzvollen Parcours der Haute Couture und entfaltete seine modefotografische Bildsprache.

Location-Reisen führten ihn an die entlegensten Orte der Erde: Ägypten und der vordere Orient waren früh seine Ziele, unmittelbar danach Persien, Kambodscha, Hongkong, Mittel- und Südamerika, der ganze afrikanische Kontinent… F.C. Gundlachs permanente Reistätigkeit führte dazu, dass er so manches Mal nicht wusste, wo er war, wenn er aufwachte und wohin ihn der nächste Tag oder Flieger führen würde. Doch die Fotografie blieb bis zum Schluss sein ständiger Antrieb. Auch nach seiner Zeit als aktiver Fotograf: ob als Unternehmer, Sammler, Kurator, Galerist, Museumsgründer oder Stifter. Ein Leben für die Fotografie.

Die Ausstellung „F.C. Gundlach at Work“ wird bis 17.Oktober 2021 in der Elbschloss Residenz Hamburg zu sehen sein.