Freundeskreis Willy-Brandt-Haus zu aktuellen Themen

Über Heimat und Krieg

Der Freundeskreis Willy-Brandt-Haus in Berlin lädt zu gleich zwei brandaktuellen Themen in seine Ausstellungsräume: „Home Again“ und „Fragmente des Krieges“. – Keine leichte Kost und trotzdem eine notwendige Auseinandersetzung, um gestaltungsfähig für die Zukunft zu sein. Prädikat: Sehenswert!

HOME AGAIN

Die Gruppenausstellung Home Again zeigt bis zum 25. September zeitgenössische fotografische und Video-Positionen, die die Anpassungsfähigkeit einer sich rasant wandelnden Gesellschaft untersuchen. Die Künstler:innen blicken auf Antworten, die zu den globalen Transformationsprozessen formuliert werden. Wie finden Menschen während und nach Krisen zueinander? Wie zurück zu ihrer Mitte? Wie ihr, vielleicht auch neues, Zuhause? Adaption als Mittel zur Perpetuierung unserer Gemeinschaft.

Der Dreiklang aus Migration | Zuhause | Erinnerung bildet das Zentrum, um das sich die einzelnen Positionen gruppieren. Das Medium der Fotografie wird dabei zu einem Instrument, mit dem die Fotograf:innen weit über das Dokumentarische hinaus, bis hin in das Ideelle blicken. Die gezeigten Arbeiten formulieren und verfolgen Strategien, die auf dem Hintergrund der globalen Transformationsprozesse relevant erscheinen. Es sind elementare Themen wie der Klimawandel und dem damit verbundenen Zerfall von Lebensräumen oder die Massenmigration und die damit fortschreitende Fragmentierung unserer Gesellschaft.

Das Verschwinden von bekannten Strukturen, wie wir sie beispielsweise während des Social Distancings erlebt haben, ist beängstigend, gibt uns aber auch den Antrieb und die Freiräume, neue und stimmigere Ordnungen zu formulieren, und uns so neu zu beheimaten. Solche Klärungsprozesse und Fragestellungen sind es, die im Zentrum dieser Ausstellung stehen.

Sich der Ohnmacht zu widersetzen, die Kraft aufzubringen um bekannte Muster aufzugeben und sich in den neuen Realitäten wiederzufinden ist eine Antwort auf diese Krisen. Mit all unserer Resilienz leben wir in der Symbiose zu diesen Herausforderungen. Dies macht uns als Mensch aus, und bringt uns als Gemeinschaft zueinander. Selbst den existenziellsten Bedrohungen nähern wir uns auf diese Weise.

Genau hinzuschauen und herauszufinden, welche Lösungen die Gemeinschaft dabei favorisiert, lohnt sich. Denn es sind solche Antworten, die vieles über Werte, Verständnis, Sehnsüchte und unser Zusammenleben verraten.

Künstler:innen:

M L Casteel
Göran Gnaudschun
Andy Heller
Ulrike Kolb
Oliver Krebs
Eva Leitolf
Wiebke Loeper
Ute Mahler und Werner Mahler
Jana Sophia Nolle
Ingmar Björn Nolting
Peter Piller
Minna Rainio und Mark Roberts
Elena Subach

Kuratiert von Andy Heller und Oliver Krebs 

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FRAGMENTE DES KRIEGES

Die Ostkreuz Fotografin Johanna-Maria Fritz ist dabei, als die Kriegsverbrechen von Butcha sichtbar werden. Sie sieht und dokumentiert die Zerstörung in Kyjiw und Irpin, sieht das Grauen auf den Straßen, die Zerstörung des Krieges. Ihre Serie Im Garten ein Grab zeigt uns Fragmente dieses Krieges. Ungefiltert und nah bei den Menschen, mit einem empathischen Blick für die Situation. Ihre Bilder sind bewegende Zeugnisse der aktuellen Tragödie. Über die Entstehung der Fotografien sagt sie: „Wir blieben zwei Wochen in und um Kyiv und konzentrierten uns stark auf Irpin. Später besuchten wir auch Vasilkov und andere umliegende Städte. Doch die Orte im Norden bleiben stark in meinem Kopf. Vor allem Butscha, wir waren einen Tag nach der Befreiung fast die ersten Journalisten, die den Ort besuchten. Die Menschen waren froh über das Ende der Besatzung, doch die Wunden des Krieges waren noch präsent. Überall lagen getötete und exekutierte ukrainische Menschen auf den Straßen, in Häusern, Gärten oder Kellern. Erst nach der Befreiung begriffen die Bewohner von Butcha das Ausmaß des Terrors.”

Die Fotografinnen Helena Lea Manhartsberger und Laila Sieber fahren gemeinsam in die Westukraine. Ihre Serie Wo man die Stille hören kann ist ein einfühlsames Porträt der ersten Wochen des Krieges abseits der Frontlinie. Sie begegnen Menschen, die mit der neuen Realität ganz unterschiedlich umgehen. Manche bereiten sich darauf vor aus dem Land zu fliehen, andere darauf, ihre Heimat zu verteidigen und zu bleiben. In der Auseinandersetzung mit Einzelschicksalen wird die Komplexität des Krieges sichtbar. Über den Titel ihrer Serie sagen die beiden: „Die Stille, die man hören kann, wird manchmal leiser, wenn in Gesprächen laut gelacht wird. Dann schreit sie wieder, wenn die Sorge um Verwandte, die noch auf der Flucht sind, einem die Sprache verschlägt. Aber sie ist in diesem Krieg eine ständige Begleiterin.“ Die beiden Fotografinnen begleiten den Weg der Flüchtenden bis heute. In Videobotschaften erzählen sie ihre Geschichten in der Ausstellung weiter.

Kuratorinnen: Andy Heller und Mirja Linnekugel 

www.fkwbh.de