„galerie 94“ lädt in die Bergwelt

Lockruf der Natur

Die zwei völlig unterschiedlichen Arbeiten von Sandro Livio Straube und Zak van Biljon finden sich in der Doppelausstellung „Berge“ vom 18. März bis zum 30. April 2022 in der „galerie 94“ im Schweizer Baden. Bei beiden Fotografen sind die Berge ein sehr grosser Bestandteil Ihres Lebens, die sie aber auf verschiedene Arten fotografisch umsetzen.

Bei Zak van Biljon ist es eine neue Sichtweise auf die Natur. Die zunehmende Urbanisierung der Menschheit beendet heute ein für allemal unsere symbiotische Beziehung zur Natur. Städte wachsen zu Megastädten heran, mehr als die Hälfte der heutigen Bevölkerung wurde in Städten geboren, und diese neue Generation ist eine technologische Generation, die auf Bequemlichkeit ausgerichtet ist, aber: ohne Natur. Und doch: Die Menschheit kann sich niemals von der Natur befreien.

Die lebhaften Rosa- und Rottöne in Zak van Biljons Werk werden daher jene neonfarbenen Stadtbewohner anziehen, die glauben, die Natur überwunden zu haben, und die dennoch unbewusst an die Natur da draußen erinnert werden. Seine Kunst will, dass sich der Betrachter beim Betrachten der vermeintlich  unwirklichen Welt seiner Fotografien an die reale Landschaft erinnert.

Die Serie von Sandro Livio Straube zeigt abseits des Tourismus und reiner Infrastruktur Orte im Val Lumnezia, die einfach noch sein dürfen. Ohne Ansprüche auf Sinn und Zweck für die Masse. Die reine Anspruchslosigkeit an sich – auf den ersten Blick. Denn sie benötigen grosse Aufmerksamkeit für das scheinbar Unsichtbare. Dinge, die uns im ersten Moment als belanglos erscheinen und erst bei genauem und intensivem Betrachten etwas weitaus Tieferes mitteilen. Nur, dass dabei keine physischen Gestalten

anwesend sind, die erzählen. So kann die Absenz des Menschen an solchen Orten das Gefühl hervorrufen, beobachtet zu werden. Sei es ein dunkles Fensterchen, der verschleiernde Vorhang hinter dem Glas, oder dicke Baumstämme, die einem umgeben. Das Ungewisse führt zu neuen Vorstellungen, Geschichten und neuem Glauben und endet in neuen Bildern. Vom anfänglich scheuen Schimmern, eröffnet sich einem ein eigenes und kristallklares Strahlen.

Sandro Livio Straube

Geboren 1992 in Zürich, ist Architekt und Fotograf. Das Bild als Medium begleitete ihn während des Studiums an der ETH Zürich konstant und führte nebenbei zu verschiedenen fotografischen und künstlerischen Projekten. In einem Zeitraum von über vier Jahren fotografierte er im Val Lumnezia an der Serie  Berge bleichen. Die Begrenzung auf eine analoge Mittelformatkamera und einer fixen Brennweite sowie den strikten geographischen Perimeter, führte zu einer gesuchten Enge und damit zu einer intensiveren Wahrnehmung. Die Aufnahmen zeigen, das sonst auch bald wieder verschwinden würde. Als stiller Beobachter wagt er sich für den Bruchteil einer Sekunde – dem Moment des Auslösens, der Realität ins Auge zu blicken. Erst beim späteren Betrachten des jeweiligen fertigen Bildes wird er von Neuem  ezwungen, sich diesen Realitäten dauerhaft zu stellen. Es führt oft zu einem Erschrecken über seine Befindlichkeit zu seinen eigenen Bildern und wie es überhaupt zu diesen kam. Die Wanderungen durch sein geliebtes Tal folgen dem inneren Antrieb, den Mut aufzubringen, wirklich hinzuschauen. Seine Bilder halten vergängliche Schönheit im Imperfekten und das Gute im Tristen fest. Er lebt und arbeitet in Vella, Graubünden.

Zak van Biljon

Das Land der roten Erde ist die Heimat von Zak van Biljon. Der 1981 in Südafrika, geborene Photograph verbrachte seine Kindheit und Jugend zwischen Johannesburg und Kapstadt. Im Jahr 2003 schloss er als Jahrgangsbester das National College of Photography in Pretoria ab. Ironischerweise mit einer Studie über Schwarz-Weiss Prints – wo ihn doch die Farben der Rainbow Nation geprägt haben. Im Jahr 2004 siedelte er nach Europa über. In Rom lernte er ein anderes Sonnenlicht kennen und in London war er an oberster Stelle der Bookinglisten für bekannte Underground Modelables. Seine Laufbahn als Auftrags- und  Kunstfotograf setzte er in der Schweiz fort, wo er jede freie Minute seinen Kunstprojekten widmet. In seinen Arbeiten findet man digitale sowie analoge Fotografien, zeitgenössische Werbe- und moderne Kunstfotografie. Sein Hauptaugenmerk liegt dabei im inszenatorischen Umgang mit Licht. In seinem neusten Kunstprojekt befasst er sich mit Aufnahmen in Infrarot. Die Welt betrachtet in Rot- und Pinktönen bietet einen neuen und imposanten Einblick auf die Realität wie wir sie kennen.