Der große Roger Ballen

Geschichten vom Menschsein

Soziale Außenseiter, Tiere und rätselhafte Objekte bevölkern die schaurig-schönen Fotografien von Roger Ballen. Mit seinen fotografischen Inszenierungen, die eine surreal-düstere, unheimliche Atmosphäre erzeugen, taucht Roger Ballen tief in die Abgründe der menschlichen Psyche. Roger Ballen, geboren 1950 in New York, zählt zu den international bedeutendsten und einflussreichsten Fotokünstlern der Gegenwart.

Er lebt und arbeitet seit über 40 Jahren in Johannesburg, Südafrika, und nimmt mit seinem ebenso faszinierenden wie verstörenden Werk eine singuläre, zwischen Dokumentation und Fiktion angesiedelte Position in der zeitgenössischen Fotografie ein. Die OÖ Landes-Kultur GmbH präsentiert im Francisco Carolinum Linz die erste umfassende Museumspersonale des renommierten Fotokünstlers in Österreich. Gezeigt werden Arbeiten aus allen wichtigen Serien und Schaffensphasen des Künstlers: vom fotojournalistisch geprägten Frühwerk ab den späten 1960er-Jahren, über sein vielschichtiges filmisches OEuvre, bis hin zu aktuellen Farbfotografien im Kontext installativer Werkkonzepte.

International bekannt wurde Roger Ballen mit irritierenden fotodokumentarischen Arbeiten, die unterprivilegierte Weiße und ihre prekären Lebensumstände während der Apartheid zeigen. Mit seinem schonungslosen Blick für das Banale und Groteske porträtierte Roger Ballen in den 1980er und frühen 1990er-Jahren Bewohner und Architekturen karger ländlicher Gemeinden in Südafrika, ganz ohne sozialkritische oder voyeuristische Attitüde. Während er weiterhin Außenseiter und gesellschaftliche Grenzgänger ins Zentrum seiner Bilder rückte, arbeitete Roger Ballen in späteren Serien zunehmend inszenierend und psychologisierend. In formalästhetisch bestechenden Bildfindungen behandelt er Themen wie Kontrollverlust, Chaos, Verrücktheit, Entfremdung, die Beziehung des Menschen zur Tierwelt, die Grausamkeit von Leben und Tod, und immer wieder die Erfahrung von Andersartigkeit.

Roger Ballen selbst beschreibt seine Werke als existentielle Psychodramen, die das Unterbewusstsein berühren und die Schattenseiten der Conditio humana heraufbeschwören. Seine eindringlichen, radikalen Fotografien, die lange im Gedächtnis bleiben, werden zu einer Entdeckungsreise in die eigene Psyche. Roger Ballens Werk ist komplex und doppeldeutig, von universeller Aussagekraft und archetypischem Charakter, aber auch voller Ironie, Witz und tiefgründigem Humor.

Geschichten erzählen und mit aktuellen Themen Menschen begeistern – das sind die Ziele der im März dieses Jahres neu gegründeten OÖ Landes-Kultur GmbH und ihres Direktors Alfred Weidinger. Die Idee, am Standort Museumstraße ein Haus für Fotografie und Medienkunst zu etablieren, geht auf eine Umfrage unter 7.000 Kulturinteressierten zurück. Diese ergab, dass sich ein Großteil der Befragten ganz besonders für Fotografie begeistert. Deshalb wurden in den letzten Wochen und Monaten zahlreiche bauliche Veränderungen am 125 Jahre alten, historistischen Architekturjuwel des deutschen Architekten Bruno Schmitz in der Museumstraße vorgenommen.

Die Neupositionierung des nun wieder nach seinem Erbauer „Francisco Carolinum“ benannten Museums als modernes Haus für Fotografie und Medienkunst wird sukzessive erfolgen. Im Wochentakt werden nunmehr drei Fotoausstellungen eröffnet und parallel gezeigt werden. Das hat durchaus programmatischen Charakter: Unterschiedliche Zugänge öffnen das Francisco Carolinum Linz für unterschiedliche Interessen und Altersgruppen, machen es zu einem Haus vieler An- und Verknüpfungspunkte. Dieses Prinzip wird auch die Zukunft des Francisco Carolinum Linz bestimmen – kleinere, länger laufende, auf gegenwärtige Zeitgeschehen bezugnehmende Sonderausstellungen.

www.ooelkg.at