KLASSEN­KAMPF: CANON, NIKON, SONY UND FUJIFILM

VOLLFORMAT (UND MEHR) IM DUELL

Aus Sonys Nische “spiegelloses Vollformat” ist im Handumdrehen ein heiß umkämpftes Segment geworden. Was ist dran am Mythos – und muss es wirklich der große Sensor sein?

Sony stellt seine spiegellosen Vollformatkameras bereits in der dritten Generation vor und ist in den letzten Jahren zu einer anerkannten Größe in diesem Segment geworden. Neben der 24,2-Megapixel- Kamera Alpha 7 III gehörte Sony bislang mit der hochauflösenden 7R III, der extrem lichtempfindlichen 7S II und der Profi-Alpha-9 die Alleinherrschaft. Leica spielte mit der SL hier in einer ganz kleinen Nische, weitere Konkurrenten gab es nicht. Bis vor Kurzem. Denn mit Canon und Nikon haben nun auch die etablierten großen Kameramarken die spiegellose Vollformatbühne betreten. Wir haben bereits die hochauflösende Nikon Z 7 gegen die Sony Alpha 7R III getestet, nun ist die Z 6 dran, sich gegen Canons EOS R wie gegen die Alpha 7 III zu behaupten. Ob es am Ende einen klaren Sieger geben wird? Es dürfte eng werden. Wir gehen in diesem Zusammenhang noch einen Schritt weiter und fragen, ob es denn wirklich der 35-mm-Vollformatsensor sein muss. So haben wir das Topmodell für APS-CFotografen, die Fujifilm X-H1, außer Konkurrenz – mit ins Boot geholt und wollen schauen, ob der Vorteil des Vollformats tatsächlich so groß ist.

In die Vollen
Sehen wir uns zunächst die Ausstattung an: Alle vier Modelle lösen ihre Bildergebnisse zwischen 24 und 30 Megapixel auf (vergleiche auch Tabelle letzte Seite) und bieten überdies 4K-Videos. Unsere drei Testkandidaten von Canon, Nikon und Sony stellen dazu Vollformatsensoren bereit mit einem klaren Platzvorteil – dank der geringeren Auflösung – aufseiten von Nikon und Sony. Und der macht sich tatsächlich bemerkbar, doch dazu später mehr. In diesem Umfeld schauen wir uns auch das APS-C-Modell X-H1 von Fujifilm an. Der Unterschied, gerade zur relativen Pixelenge auf dem Canon-Chip, ist nicht so groß, was sich am Signal-Rausch-Verhältnis ablesen lässt.

Die technischen Daten im Überblick

Testfoto-Download (.zip)

Nikon: Das permanente Livebild der Z 6 erlaubt es, natürliche Szenen im Bild festzuhalten, da der Fotograf für solche Aufnahmen weder mit dem Auge am Sucher kleben noch irgendwelche Verrenkungen machen muss, um sein Bild zu kontrollieren. ISO 400 / f/4 / 1/250 s

Beim Autofokus setzen die beiden Neulinge von Canon und Nikon auf die Phasenmessung auf dem bildgebenden Sensor, gehen dabei aber unterschiedliche Wege. Canon nutzt die mit der EOS 70D vorgestellte Dual-Pixel-Technologie. Dabei werden ausgesuchte Bildpixel geteilt und für die Phasenmessung herangezogen. Das bringt den Vorteil, dass konkret 5.655 Fokuspunkte zur Verfügung stehen, die der Fotograf frei wählen kann – etwa über eine Berührung auf dem Touchscreen. Tatsächlich ist diese Zahl aber kaum noch differenzierbar und dient in erster Linie den Marketingexperten. Was zählt, ist die Zuverlässigkeit des Autofokus, und die ist absolut gewährleistet. Nikon nutzt zwar auch den Bildsensor, bettet hier aber eigenständige Phasenmesspixel ein, deren Position für das Bildergebnis dann aus den benachbarten Pixeln interpoliert werden muss. In der Theorie ist Nikons Autofokus damit dem von Canon überlegen, da die Bildpixel auf dem Canon- Sensor durch das Bayerpattern für nur eine der drei Grundfarben empfindlich sind, während die Phasenmesspixel bei Nikon von der Farbfilterung ausgespart sind. In der Praxis haben wir weder bei der Nikon einen signifikanten Performancevorteil des AF noch bei der Canon die besseren (weil weniger interpolierten) Bildergebnisse ausmachen können.

Die SLR-Linienführung der drei spiegellosen Vollformatkameras sowie bekannte Bedienelemente erleichtern dem letzten Unentschlossenen den Umstieg auf ein modernes Kamerasystem. Die Sucher können allesamt überzeugen, im direkten Vergleich punktet Nikon vor Canon vor Sony.

Sony und Fujifilm setzen bei ihren beiden Modellen auf einen Hybridautofokus, also auf die Kombination aus Phasen- und Kontrastmessung auf dem bildgebenden Sensor. Praxisrelevante Unterschiede machen wir jedoch nicht aus. Vergleichen wir die vier Kameras beim AF-Tracking mit den derzeitigen Spitzenreitern von Nikon, der D5 und D850, geraten sie ins Hintertreffen, aber solch ein Vergleich hinkt ehrlicherweise. Wenn auch alle auf Augenhöhe sind, hat sicher die Nikon Z 6 den schwersten Stand, denn sie kommt als Ergänzung für Fotografen infrage, die derzeit mit einer D850 oder der ebenso bissigen APS-CVariante D500 arbeiten. Dabei würde es schon reichen, bei den Profis ein oder zwei Generationen zurückzugehen, schon sind alle vier Kandidaten überlegen. Kurzum: Das Quartett performt hervorragend.