Été

GEPLATZTER TRAUM

In sommerlicher Frische strahlt einem das druckfrische Buch aus dem Verlag Kettler entgegen, in Gelb. Ein kleiner Hinweis? Denn eigentlich thematisieren die Momentaufnahmen der Fotografen Sebastian Schels und Olaf Unverzart architektonische Bombastgebilde in Skigebieten aus den 1960ern und 1970ern. Doch der Sommer spielt insofern eine Rolle, dass die Arbeit an der analogen Plattenkamera zu dieser Jahreszeit entstanden ist. Ein wichtiger Punkt. Denn so überspitzen die beiden Fotografen ihre an sich nüchterne Darstellung und übergeben dem Betrachter die Erkenntnis, dass die riesigen Konstrukte inmitten der Berglandschaften seltsam entrückt, geradezu überkommen wirken. Massenunterbringungen, denen die Massen fehlen. In winterlichen Landschaften, denen der Schnee fehlt. „Été“ stammt aus dem Französischen und heißt nicht nur Sommer, sondern ist auch die Vergangenheitsform von „Sein“, also „Gewesen“. Das spricht Bände. Aber: Wir müssen nicht lesen, wir dürfen schauen. Sage und schreibe 33 Skiorte in den französischen und italienischen Westalpen suchten die beiden Münchner Olaf Unverzart und Sebastian Schels mit ihrer sperrigen Ausrüstung auf. Analog. Sicher. Wie damals. Das Gegenüber von einst und heute visualisieren die beiden also in vergleichbarer Bildästhetik. „Éte“ … es war einmal … der Traum vom unbeschwerten Glück jenseits des Alltags … vom ausgelassenen Vergnügen im Kreise Gleichgesinnter … von der glorreichen Rückkehr aus dem Paradies unter den neidvollen Blicken der Daheimgebliebenen. Er ist geplatzt. Vorerst zumindest. Da stellt sich die Frage: Verlust vielleicht fragwürdiger Glücksmomente oder Gewinn neuer Perspektiven im Einklang mit … was auch immer?