Wanderlust

MEISTER DER SUBTILEN BILDSPRACHE

Kann man das Lebenswerk eines Thomas Hoepker wirklich auf 300 Seiten zusammenfassen? Kann man in nur einem Buch einem fotografischen Chronisten gerecht werden, der unermüdlich schon über sechs Jahrzehnte lang hinauszieht, um das kleine und das große Weltgeschehen einzufangen? Ja, man kann. Der Bildband „Wanderlust“ aus dem Hause teNeues zeigt, wie es geht. „Hamburg, Germany, 1954“, so lautet der Titel der ersten Fotografie. Sie zeigt eine alte Frau, die in schwarzer Kleidung durch den weißen Schnee stapft. Entwickelt hat der 18-jährige Thomas das Bild in der verdunkelten Küche seiner Mutter. Was folgt, ist eine Reise durch viele Jahrzehnte und noch mehr Länder. Iran 1962, Antarktis 1969, China 1983, Brasilien 1999. „Wanderlust“ schließt mit einer Doppelseite New York 2013: Partybilder, wie sie auch aus der Kamera eines jungen Berliner Clubfotografen hätten stammen können. Thomas Hoepker ist mit der Zeit gegangen, hat sich treiben lassen, wie es sich für einen Reisenden gehört, und sich seine fotografische Haltung dennoch stets bewahrt. Was aber sagt der Dokumentarist selbst zu seinem Werk zwischen den Buchdeckeln? „It’s a lovely, heavy book.“ Er zeigt sich zufrieden: „Ich würde ja am liebsten sagen, der Bildband enthält die ersten 60 Jahre meines Schaffens“, scherzt er, „aber das wäre wohl etwas zu weit in die Zukunft geblickt.“ Bleiben wir also gespannt, was wir von dem Meister der subtilen Bildsprache als Nächstes zu Gesicht bekommen.