Yul Brynner: Schauspieler und Fotograf

Ein Mann – zwei Talente

„Hätte er sich bewusst für einen Beruf entschieden, hätte er vielleicht ‚Regisseur‘ und in weiterer Folge ‚Fotograf‘ gewählt. Er wurde ein Filmstar, also ging er weiter in diese Richtung“, erinnert sich Victoria Brynner an ihren berühmten Vater. In den 1950ern und 60ern, der Hochphase des „Golden Age of Hollywood“, zählte Yul Brynner zu den größten Filmstars der Welt. Hinter den Kulissen griff die Schauspieler-Ikone selbst zur Kamera. Eine Auswahl seiner Fotografien zeigt die Leica Galerie Wien bis 28. Oktober 2023 in der Ausstellung „Yul Brynner: an extraordinary vision“. Es sind auch zwei Leica MP-Kameras von Yul Brynner zu sehen, die Ende November bei der Leitz Photographica Auction versteigert werden.

Yul Brynners Karriere im Filmbusiness startete hinter der Kamera. Als Regisseur für CBS Television in New York kam dem leidenschaftlichen Fotografen sein Auge für Bildkompositionen und Szenerien zugute. Die Schauspielerin Mary Martin überredete ihn schließlich, für das Broadway-Musical „The King and I“ vorzusprechen. Seine Titelrolle brachte Brynner einen Tony Award und in der darauffolgenden Hollywood-Adaption einen Oscar ein. Der Film kam 1956 in die Kinos, im selben Jahr wie „The Ten Commandments“, ein weiterer früher Meilenstein in Brynners Werdegang. Zur selben Zeit begann sich der Schauspieler intensiv mit seiner zweiten Berufung – der Fotografie – zu befassen. Brynners Bilder, die „Behind-the-scenes“ entstanden (etwa von „The Ten Commandments“-Regisseur Cecil B. DeMille) gelten bis heute als Paradebeispiele des Genres.

Seinen persönlichen Stil entwickelte Yul Brynner unter anderem im Austausch mit den österreichischen Magnum-Fotografen Ernst Haas und Inge Morath (mit der er 1959 Flüchtlingslager in Europa und dem Nahen Osten dokumentierte). Inspiriert wurde er zudem vom künstlerischen Schaffen seiner Freunde Henri Cartier-Bresson and André Kertész. Freunde und Wegbegleiter dienten Yul Brynner auch häufig als Motive. Seine Aufnahmen von Filmstars wie Elizabeth Taylor, Audrey Hepburn, Frank Sinatra, Ingrid Bergman und Sofia Loren erzählen – auf eindrückliche und oft intime Weise – die Geschichte des alten Hollywood. Brynners Werk wird von seinem so empathischen wie unaufdringlichen Zugang zu seinen Modellen bestimmt, der die Menschen hinter den Kunstfiguren und Leinwandpersönlichkeiten offenbart.