Auf Augenhöhe mit den Tieren
Die Galerie noir blanche zeigt vom 10. Mai bis 13. Juli 2024 die berühmte Serie von Tierportraits von Walter Schels. Durch die Augen des berühmten Fotografen und stilistisch eigenwillig nehmen sie eine Ausnahmestellung ein und sind begehrt. Große Teile der gezeigten Arbeiten wurden bereits in der Pinakothek der Moderne in München und im Landesmuseum Darmstadt in großen Einzelausstellungen präsentiert.
Der Fotograf Walter Schels (*1936 in Landshut) wuchs mit Tieren auf. Das prägte, wie er sagt, sein Verhältnis zu Tieren und seine Fotografie. Schels‘ erste Tierporträts entstanden Mitte der 80er Jahre: Große Firmen wie VW, Panasonic oder Blaupunkt gaben bei Schels Schimpansen- oder Hundebilder für Werbekampagnen in Auftrag – oft in lustigen Posen und fast immer in Farbe. Heimlich fotografierte er damals seine schwarzweiß-Porträts mit, ohne dass die Artdirektoren es merkten. Später fotografierte er Tiere auch ohne Auftrag, bis in die 2000er Jahre.
Bekannt wurde Schels mit Charakterstudien von Prominenten wie Andy Warhol, Joseph Beuys oder Angela Merkel. Immer vor weißem oder schwarzem Studiohintergrund, ohne Lächeln, mit direktem Blick in die Kamera. „Dass er eine am Menschenbild entwickelte Konvention der Darstellung einfach auf die Tierfotografie übertrug, ist eine Provokation“, sagt der Fotohistoriker Klaus Honnef über Schels‘ Tierporträts. Beim Betrachter erwecken sie, vom Fotografen durchaus gewollt, das Gefühl, mit dem Tier – ganz gleich ob Schaf, Bär, Frosch oder Kaninchen – quasi auf Augenhöhe in einen gleichwertigen Dialog zu treten. Der Blickkontakt, sagt Schels, sei für ihn bei menschlichen und tierischen Sujets der Zugang zum Wesenskern seines Gegenübers und damit „der Schlüssel zu einem guten Porträt“. Doch weil man Tiere nicht anweisen könne, in die Kamera zu schauen, sei ein Tierporträt „Glückssache“.
In der Düsseldorfer Galerie noir blanche zeigt Volker Marschall neben Schels‘ klassischen Tierporträts auch experimentelle Serien, die der Fotograf seit den Siebzigerjahren konsequent aus „missglückten“ Aufnahmen generiert: Doppelbelichtungen, Überdrucke, Schnappschüsse sowie Bilder einer Serie, die Schels 1976 mit einer kleinen Plastikkamera zum Zusammenstecken im verschneiten Englischen Garten in München fotografierte. Die Kamera lag der Kinderzeitschrift „YPS“ als Gimmick bei; die Redaktion hatte Schels als Testfotografen ausgewählt. Auch eine Glückssache.
Walter Schels gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Fotografen Deutschlands. Bekannt wurde er durch Charakterstudien von Prominenten aus Politik und Kultur, Porträt-Serien von Menschen in Extremsituationen und Tierporträts. Ebenfalls bekannt sind seine stimmungsvollen Architekturaufnahmen aus dem New York der 70er Jahre, abstrakte Landschaften, Aktfotografien oder seine floralen Arbeiten. Eine seiner berühmtesten Porträtserien ist sicherlich „Joseph Beuys – Andy Warhol“.
Die Arbeiten von Walter Schels stehen in der Tradition des psychologischen photographischen Portraits. En face, mit direktem Blickkontakt zur Kamera präsentieren sich die Portraitierten. Selbstbewusst schauen sie aus dem Bildraum dem Betrachter entgegen, der sich gerade bei den großformatigen Arbeiten mit der eindringlichen physiognomischen Landschaft des einzelnen Gesichts konfrontiert sieht. Dennoch ist Schels Blick kein distanzierter, kein emotionsloser, kein rein analytischer, sondern bleibt im höchsten Maße eindringlich, einfühlend und wahrt trotz aller Nahsichtigkeit gegenüber dem Portraitierten stets respektvolle Diskretion“, so beschreibte ihn der Fotograf, Sammler und Kurator F.C. Gundlach in einer Ausstellungseinführung in der Freien Akademie der Künste, Hamburg.