KLEINER ALLESKÖNNER
Mit der Lumix GH7 präsentiert Panasonic sein MFT-Videoflaggschiff mit starker Fotofunktion. Wir vergleichen die Kamera mit dem Vorgänger GH6 und mit dem aktuellen Top-Fotomodell G9 II.
Text & Fotos: Frank Thoma
Endlich! Dieser Gedanke dürfte einigen Fans von Lumix-MFT-Kameras durch den Kopf gegangen sein, als Panasonic am 4. Juni dieses Jahres die GH7 vorgestellt hat. Sie ist das neue Flaggschiff in der GH-Serie. Bei ihr integriert Panasonic seit der GH1 aus dem Jahr 2009 vor allem immer neue Video-Features in handliche DSLM-Gehäuse – oft genug solche, die in deutlich höherpreisigen Kameras zu finden sind. Das ist auch bei der GH7 wieder der Fall, doch auch Fotografen kommen nicht zu kurz. Aber der Reihe nach. Äußerlich gleicht die Neue ihrem zwei Jahre älteren Vorgänger GH6 aufs Haar. Einzig der Schriftzug an der Vorderseite zeigt an, ob das bullige Gehäuse die Technik von 2024 oder von 2022 enthält. Eine gute Entscheidung von Panasonic. Schließlich gibt es weder an der soliden Bauweise der GH6 etwas zu nörgeln noch an Machart und Funktion der Bedienelemente. Und ja, der Lüfter unter dem Monitor verdickt das Gehäuse merklich. Allerdings garantiert er einen kühlen Sensor auch bei großer Hitze und beim Aufzeichnen der riesigen Datenmengen, wie sie etwa bei RAWVideos entstehen oder bei 4K-Zeitlupenvideos mit 120 Bildern pro Sekunde. Die rundum abgedichtete GH7 liegt ausgezeichnet in der Hand; wir sehen keinen Nachteil zur etwas schlankeren, lüfterlosen Lumix G9 II. Allerdings ist die GH7 rund 150 Gramm schwerer als die G9 II – eine Begleiterscheinung ihres üppigen Videopakets.
AF: zeitgemäß und zuverlässig
Für Fotografen die wichtigste Neuerung bei der GH7 ist sicherlich der Autofokus. Nach jahrelangem Gemecker der Lumix-Gemeinde hat die GH7 nach der S5 II(X) und G9 II nun endlich einen Phasen-Hybrid-AF erhalten. Auch wenn der DFD-Kontrast-AF der GH6 in der allgemeinen Fotografie überwiegend sehr gute Dienste leistet, fokussiert die GH7 schneller und sicherer. Davon profitieren Fotografen, aber noch erheblich stärker die Videofilmer. Die im Vergleich zur GH6 in der GH7 erweiterte Motiverkennung funktioniert zuverlässig. Wie schon in der fotozentrischen G9 II werkelt in der GH7 ein 25-MP-Sensor. Der GH7-Bildchip dürfte mit dem der G9 II identisch sein. Richtig belichtet, sehen Fotos auch bei ISO 1.600 noch sehr, sehr gut aus, doch ist die Abbildungsleistung selbst bei ISO 3.200 im Print noch tadellos für einen MFT-Sensor. Um bei weitgehend statischen Motiven sowohl Auflösung als auch Rauscharmut zu steigern, kann der GH7- Fotograf die Einstellung „High-Resolution Aufnahme“ selbst für Ausnahmen aus der Hand nutzen. Der kleinere Sensor macht’s möglich, gepaart mit schneller Auslesung. Toll, welchen Detailreichtum die GH7 so aus dem vergleichsweise kleinen Bildsensor zaubert.
Tempo und Top-Auflösung
Apropos zaubern: Lumix-Kameras gehören bei der optischen Bildstabilisierung zu den besten des Marktes. Kleinere Verstellwege und geringere zu bewegende Sensormassen verschaffen MFT-Sensoren im Vergleich zum Vollformat hier einen sichtbaren Vorteil. Panasonic gibt für den Gehäusestabi der GH7 ein Plus von 7,5 Stufen an. Zwar bringt es die G9 II sogar auf 8 Stufen, doch ist fraglich, ob sich der Unterschied im Bild zeigt. Gemeinsamkeiten mit der G9 II hat die GH7 auch beim Serientempo. Mit maximal 14 B/s mit mechanischem Verschluss (10 B/s mit AF-C) und maximal 75 B/s mit elektronischem Verschluss liegen beide Kameras gleichauf. Ebenfalls Gleichstand beim OLED-Sucher: zwar übersichtlich, aber mit einer Auflösung von knapp 3,7 Millionen Bildpunkten nur Mittelklasse. Schade, dass es bei der GH7 nicht zum Sucher der Lumix S1 gereicht hat; der hat 5,76 Megapixel: ideal zum manuellen Fokussieren.
„Die GH7 bietet das Beste aus der MFT-Foto- und Videowelt.“
Video: Was Ihr wollt
Nehmen sich GH7 und G9 II bei den relevanten Fotooptionen kaum etwas, sind die Unterschiede bei Video etwas größer. Wir wollen hier nur einige Merkmale kurz anreißen. Bei den Dateiformaten und Codecs herrscht so gut wie Gleichstand. Die All-Intra-Komprimierung beherrscht selbst die G9 II. Allerdings speichert nur die GH7 das Format „Apple ProRes RAW HQ“ intern auf einer CFexpress-Karte. Die G9 II benötigt dafür einen externen Rekorder. GH7-exklusiv ist der pfiffige Dreh-Kipp-Monitor, der die auf der linken Gehäuseseite liegenden Buchsen für HDMI und USB-C nicht verdeckt. Auch sind Tally Lights (Aufnahmekontrollleuchten) vorn und hinten ebenso der GH7 vorbehalten wie die Extrataste für den Sofortzugang zum Sound-Menü. Übrigens, mit der GH7 sind zum ersten Mal in einer Lumix 32-Bit- Float-Audioaufnahmen möglich. Sie sorgen bei der Tonaufnahme für maximale Sicherheit, da ein Übersteuern unmöglich ist. Dieses „Clipping“ genannte Problem macht jeden Videoton unbrauchbar. Um in den Genuss der 32-Bit-Float- Audiotechnik zu kommen, muss der GH7-Nutzer in den neuen XLR-Mikrofonadapter Lumix DMWXLR2 investieren, der via Blitzschuh das Mikrofon mit Miniklinke (oder zwei Mikrofone mit XLR-Anschluss) mit der Kamera etwas wackelig verbindet. Panasonic ruft dafür mutig 550 Euro auf. Die GH7 ist eine sinnvolle Weiterentwicklung der GH6. Ihr größtes Plus wird für viele der deutlich verbesserte Autofokus sein. Filmer freuen sich zusätzlich über die Möglichkeit der 32-Bit-Float-Audioaufnahme und über die mächtige Videoausstattung. Bei den relevanten Fotofunktionen liegt die GH7 mit der etwas günstigeren G9 II gleichauf. Diese besitzt eine so starke Videoausstattung, dass selbst anspruchsvolle Gelegenheitsfilmer eigentlich keinen Grund haben, zur GH7 zu greifen.
Fazit
Dennoch, die GH7 ist die ultimative MFT-Videokamera für Liebhaber des Besonderen und für Perfektionisten, die auch bei der Fotoausstattung keine Abstriche machen wollen. Zusätzlich zu Ausstattung und Bedienbarkeit lockt die GH7 vor allem mit kompakten Objektiven. Unser Testmodell ließ sich zusammen mit dem Leica 2,8- 4/12-60 mm und dem 2,8-4/50-200 mm plus 1,4-fach-Konverter ganz entspannt tagelang durch die Berge tragen. Eine vollformatäquivalente Brennweitenbrücke von 24-560 mm in dieser Größen- und Gewichtsklasse bietet nur MFT. Ein starkes Argument.