Praxistest: Sony Alpha ZV-E10 II

AUF SCHRITT UND TRITT

Die meisten „Vlogger“ lassen die Internet-Gemeinde an ihrem Leben teilhaben – in Bild und Ton.
Laut Sonys Beschreibung ist die neue ZV-E10 II dafür ideal. Stimmt das?

Text & Fotos: Sebastian Drolshagen

Natürlich könnte man sich trefflich über die Kategorie „Vlogging-Kamera“ lustig machen. Welche Kamera taugt heute nicht dazu, sich bei TikTok & Co. zu profilieren? Sony schickt nun die zweite Generation seiner Kamera für Influencer ins Rennen, was unterstreicht: Da muss mehr dran sein als ein Marketing-Etikett.
Dass Sony bei den Spiegellosen mit APS-C-Sensor bestens aufgestellt ist, weiß die Foto-Community aus der Alpha-6×00-Serie – seit Jahren ein Verkaufserfolg dank starkem Autofokus und ebenso starker Bildqualität. Natürlich können Fotografinnen und Vlogger sich bei der ZV-E10 II auf diese Erbanlagen verlassen. Im Zentrum zeichnet Sonys neuester APS-C-Sensor die Fotos und Videos auf. Damit übertrifft die ZV-E10 II sogar das Spitzenmodell Alpha 6600.
Dennoch überrascht es, dass die beiden Kameras preislich nur rund 100 Euro auseinander liegen – für den Aufpreis bringt die „große“ Alpha einen Sucher mit. Und damit kommen wir direkt zur Gretchenfrage: Wie hältst du‘s mit dem Sucher? Brauchst du wirklich bei Sonne kein „Guckloch“, weil du das Display ständig für Selfies umdrehst? Oder ist das lediglich Klischee?
In unserem Test gab es zahllose Situation, in denen wir den Sucher vermisst haben. Der konzentrierte Blick, weitgehend unabhängig vom Licht in der Umgebung, dazu die stabile Position am Auge: Die Vorteile eines Suchers sind ebenso bekannt wie unbestritten. Wer jedoch mit dem Smartphone als Kamera aufgewachsen ist und nun von Sony mit der ZV-E10 II als „Upgrade“ abgeholt wird, mag dort weit weniger stolpern als der Mittvierziger von der Fotofachzeitschrift …

Den Livestream immer in der Tasche

Beim Verzicht auf den Sucher gewinnt man noch mehr: Taschentauglichkeit. Die Vlogging-Kamera ist schlanker als die Alpha-6×000-Modelle, vor allen Dingen in der Tiefe verliert sie anderthalb Zentimeter. Mit dem winzigen Kit-Zoom qualifiziert sie sich so als ständige Begleiterin. Denn selbst aufs externe Mikrofon kann man verzichten; die Tonaufnahmen mit dem 3-Kapsel-Mikro – es sitzt prominent neben dem Blitzschuh – können sich hören lassen. Das nächste Live-Video scheint damit näher denn je, die Software der ZV-E10 II bringt alles mit, um seine Clips auf gängigen Plattformen direkt zu streamen.
Einige Funktionen zeigen sich schlau auf die Online-Kommunikation abgestimmt. An anderen Stellen fragt man sich, ob jemand meint, dass mit „Vlogging“ automatisch technische Tumbheit einhergehe. So übernimmt ein eigener Knopf „Hintergrund-Unschärfe“ das Öffnen der Blende und der Zoomhebel erzeugt bei Festbrennweiten einfach einen Ausschnitt aus dem JPEG … Zum Glück lässt sich die ZV-E10 II an all diesen Stellen wie eine große Alpha konfigurieren; das Menü entspricht dem, was man von der Sony-Familie kennt. Erfreulicherweise bleibt der AF ebenso der Familie treu: Ob Pferd oder Mensch, der Autofokus steuert sein Ziel akkurat an und beißt sich verlässlich an ihm fest. Ob man aus einem guten Motiv dann einen Vlog macht, wird zur Nebensache.