OM System OM-1 und 4,5/150-400 mm

AUF DIE GRÖSSE KOMMT ES AN

Wildlife-Fotografen, die Gewicht sparen wollen, bietet sich die Kombination aus MFT-Kamera und Supertele an – unser Intensivtest klärt Vor- und Nachteile.

Panasonic und OM System (Olympus) bewerben die Größen- und Gewichtsvorteile des MicroFourThirds-Systems (MFT). Wir haben uns das in der Tierfotografie mit dem Superteleobjektiv M.Zuiko Digital ED 4,5/150-400 mm TC1.25X IS PRO zusammen mit der OM-1 genauer angeschaut.

Handling
Das 150-400 mm ist groß – zumindest im Vergleich zu einer Micro-FourThirds-Kamera. Zusammen mit der OM-1 „solo“ also keine gute Kombination, um damit aus der Hand zu fotografieren. Zu schwer ist das Zoom für die 600 g leichte und sehr kleine Kamera. Der linke Arm ermüdet schnell; die rechte Hand, die intuitiv die kleine Kamera (zu) fest hält, verkrampft. Zusammen mit dem optionalen Handgriff zur OM-1 und damit rund 400 Gramm mehr Gewicht auf der Kameraseite ist die Kombination merklich weniger frontlastig und dank des Handgriffs verkrampft die rechte Hand nicht mehr. Wegen ihres geringen Gewichts lässt es sich mit dieser Kombination sehr gut arbeiten. Aber die Tücken liegen im Detail. Denn aus der Hand kann man mit der OM-1 und dem Supertelezoom nur bedingt gut fotografieren. Bei sehr schnellen Belichtungszeiten ist die Rate an scharfen Aufnahmen tatsächlich sehr gut, aber bei 400 bzw. 500 mm Brennweite und Zeiten von 1/320 bis 1/500 s oder langsamer bricht die Rate an scharfen Bildern auch bei statischen Motiven und guter Kamerahaltung drastisch ein. Kein Wunder, immerhin entspricht dies 800 bzw. 1.000 mm Brennweite an einer Vollformatkamera! Ein gutes (Einbein-) Stativ wirkt hier Wunder und sollte eingeplant werden.

Autofokus
Der Autofokus der OM-1 mit dem 150-400 mm ist extrem schnell und sicher, sofern man das Motiv ruhig anvisieren kann. Denn die Motiverkennung und Verfolgung der OM-1 hat ihre Tücken: Motive (vor allem Tiere), für die sie „trainiert“ wurde, werden sicher erfasst und nachgeführt. Bei Vögeln jeglicher Couleur funktioniert das einwandfrei. Aber wehe, man möchte ein Säugetier fotografieren, das die Kameraentwickler – zumindest ähnlich – nicht bedacht hatten. So zum Beispiel Murmeltiere: Reproduzierbar scheiterte die OM-1 am Nachführen dieser Nagetiere und zog das AF-Feld vom Kopf auf den Hintern – für das Fotografieren aus der Hand (oder wenn sich das Motiv bewegt) absolut unbrauchbar. In diesen Fällen musste die Motiverkennung deaktiviert werden. Das Resultat war jedoch eine nicht mehr sichere Nachverfolgung des Motivs. Entsprechend durchwachsen war die Trefferquote. Bei Ziegen(-artigen), Kühen und Haustieren hatte die Motiverkennung hingegen keine Probleme. Zum Glück lassen sich solche Probleme via Firmware lösen. Denn ansonsten machte die getestete Kombination durchaus Lust auf mehr.

Fazit
OM System bietet mit dem 150-400 mm und der OM-1 ein einzigartiges Bundle für Tierfotografen. Die einzigen Nachteile liegen auf Seiten der Flexibilität der Bilddaten: Denn die OM-1 hat einen Sensor mit „nur“ 20 Megapixeln. Die hohe Integrationsdichte des kleinen Sensors führt zu höherem Rauschen und ein bis zwei Blenden geringerem Dynamikumfang als bei einer Vollformatkamera mit 45 oder 50 Megapixeln. Das OM-Gesamtpaket kostet knapp 10.000 Euro. Für etwa 3.000 Euro mehr erhält man das günstigste ansatzweise vergleichbare Vollformat-Angebot in Form einer Nikon Z 9 mit der 6,3/800-mm-Phasenfresneloptik, die freilich weniger flexibel, aber nur 700 g schwerer und 8 cm länger ist. Allerdings ist die Autofokusnachführung der Z 9 merklich leistungsfähiger.

Text & Fotos: Dr. Björn K. Langlotz