Lichtstarke Objektivpaare von Sigma und Fujifilm

UNGLEICHE DOPPELGÄNGER

Nach den chinesischen Anbietern manueller Objektive entdeckt nun auch Sigma das Fujifilm-Bajonett für sich. Wir haben die drei neuen, ausgesprochen preisgünstigen Sigma-Festbrennweiten für Fuji X ausprobiert und mit den Originalen verglichen. Das Ergebnis überrascht.

Auch im Zeitalter der dominierenden Zoomobjektive haben Festbrennweiten noch ihre Berechtigung. Unser heutiges Sextett von Fujifilm und Sigma überflügelt mit Blende f/1,4 oder gar f/1,2 selbst lichtstarke Standardzooms um mindestens zwei Blendenstufen. Jahrelang war Fujifilm mit seinen drei schnellen Festbrennweiten 1,4/16 mm, 1,4/35 mm und 1,2/56 mm ohne Konkurrenz. Deren Bildwinkel entsprechen im Vollformat den nützlichen Brennweiten 24 mm, 50 mm und 85 mm. Im Herbst letzten Jahres erweiterte Fuji sein Angebot noch um ein 1,4/33 mm als Standardobjektiv der nächsten Generation. Seit Februar 2022 bietet Sigma in seiner Contemporary-Objektivserie ein vergleichbares Trio mit Fuji-X-Bajonett an. Ihre Namen: 1,4/16 mm DC DN, 1,4/30 mm DC DN und 1,4/56 mm DC DN. Das Besondere daran: Jedes der Objektive kostet nur etwa 40 Prozent des Originals. Liegen bei Fujifilm die Preise zwischen 800 Euro und 1.100 Euro, ruft Sigma nur zwischen 330 Euro und 430 Euro auf. Wir wollten wissen, wie viel Sigma für diesen Kampfpreis liefert und wo die Unterschiede zum Original liegen.

Heterogenes Testfeld

Zwar bietet Sigma seine drei Lichtriesen erst seit diesem Jahr mit Fujifilm-Bajonett an, ihre optischen Rechnungen sind jedoch älter. Das 16 mm ist von 2017, das 30 mm von 2016 und das 56 mm von 2018. Diese Contemporary-Optiken gibt es auch fürs Sony-E-Bajonett, für L-Mount, MFT und für Canon EF-M. Beim Alter noch heterogener sind die drei Fujis. Das Fujifilm XF 1,4/33 mm R LM WR ist von 2021, das XF 1,4/16 mm R WR existiert seit 2015 und das XF 1,2/56 mm R ist sogar seit Anfang 2014 auf dem Markt. Zusammen mit der X-H2 hat Fujifilm für diesen Porträt-Oldie der ersten Fujinon-Generation einen Nachfolger präsentiert, den wir bei X-T5-Test schon im Einsatz hatten (siehe Seite 31).

Kunststoff vs. Metall

Um den Preis seiner identisch aufgebauten Contemporary-Objektive zu drücken, verbaut Sigma sehr viel Kunststoff und nur wenig Metall. Neben einem Teil des Tubus ist das Bajonett erfreulicherweise aus Metall. Zwar haben die drei Sigmas eine Gummidichtlippe rund ums Bajonett, doch fehlt ein weitergehender Staub- und Spritzwasserschutz ebenso wie der Fuji-typische Blendenring. Schön, dass alle Sigmas mit Bajonett-Streulichtblende aus Kunststoff geliefert werden, auch wenn sie beim 1,4/30 mm DC DN zu locker sitzt. Obwohl ansonsten aus ganz anderem Holz geschnitzt, gilt das Gleiche auch für die Kunststoff-Blende des Fujifilm XF 1,4/33 mm. Angesichts des Preises von 800 Euro ist dies unverständlich. Die helle Freude bereiten die drei Fujinone allerdings bereits bei der Griffprobe. Ihre supersoliden Ganzmetallfassungen erinnern an Zeiten, in denen Objektive noch manuell fokussiert wurden. Auf Wunsch lassen sie sich auf „A“ drehen, um die Blende am Kameragehäuse einzustellen. Wie bei den Sigmas haben auch die Filtergewinde der Fujinone leider unterschiedliche Durchmesser. Seinem frühen Erscheinungsdatum geschuldet ist der fehlende Spritzwasserschutz des XF 1,2/56 mm. Das kaum ältere XF 1,4/16 mm besitzt die Abdichtung. Natürlich ist auch das neue XF 1,4/33 mm abgedichtet. Noch eine Besonderheit des 16er-Weitwinkels: Ist dessen Fokussierring im AF-Betrieb fixiert, lässt er sich fürs manuelle Scharfstellen zurückziehen. So ist das Weitwinkel ausreichend feinfühlig im Bereich zwischen Unendlich und 15 cm zu fokussieren. Ein großer Vorteil in der Praxis: Das Sigma 1,4/16 mm DC DN hat eine Nahgrenze von 25 cm.
Bei Materialwahl und Ausführung lässt Fujifilm (erwartungsgemäß) die Contemporary-Sigmas mit deutlichem Abstand hinter sich. Doch wie groß sind die Unterschiede bei der Abbildungsleistung und im AF-Betrieb?
Sigma stattet seine drei innenfokussierten Festbrennweiten mit Schrittmotoren aus. Das macht die Scharfstellung flott und superleise. Bei Fujifilm ist die Antriebsfrage altersbedingt sehr unterschiedlich gelöst. So nutzen die innenfokussierten XF 1,2/56 mm und XF 1,4/16 mm jeweils einen Mikromotor zum Scharfstellen. Störend ist der laute Motor allerdings primär beim 1,2/56 mm, da hier der Verstellweg wesentlich größer ist als beim 16er. Im brandneuen XF 1,4/33 mm R LM WR werkelt ein schneller und leiser Linearmotor (LM). In der Praxis fokussieren die unterschiedlichen Motoren in den Sigmas und Fujis in etwa vergleichbar schnell. Allerdings neigt das betagte Fujinon XF 1,2/56 mm zum „Zappeln“; das heißt, es überfährt den korrekten Schärfepunkt, um wieder darauf zurückzukehren. Der Nachfolger dürfte diese Unart abstellen, wie dies bereits bei anderen neueren Objektiven der Fall ist. Auch im AF-C-Betrieb fielen keine nennenswerten Unterschiede zu auf, wobei wir keinen rasanten Bewegungen gefolgt sind.

Abbildungsleistung korreliert mit dem Preis

Optisch fallen die Unterschiede größer aus. Das Fujifilm 1,4/33 mm zeichnet bei Offenblende und Blende f/2 sowohl in der Bildmitte als auch am Bildrand sichtbar schärfer als das Sigma 1,4/30 mm. Bei Blende f/1,4 ist das Fujinon am Bildrand bereits schärfer als das Sigma 30 mm bei Blende f/2,8. Wow. Mit etwas Nachschärfen löst das Sigma in der Bildmitte bei Blende 1,4 in etwa so auf wie das Fujinon bei Offenblende. Dennoch, ohne den direkten Vergleich fällt die schwächere Leistung des Sigmas erstaunlich wenig auf. Ebenfalls zweiter Sieger ist das Sigma 1,4/16 mm DC DN. Vor allem zu den Bildrändern hin muss es sich dem Fujinon 1,4/16 mm besonders bei voller Öffnung geschlagen geben. Seit seiner Vorstellung ist das 16er von Fuji als Offenblenden-Scharfzeichner bekannt, dessen Leistung natürlich mit zunehmender Abblendung noch einmal ansteigt. Bestes Objektiv des Sigma-Trios ist das wunderbar kompakte 1,4/56 mm DG DN. Es kommt bei Blende f/1,4 zwar weder im Zentrum noch am Rand ganz an die gleichmäßige Schärfeleistung des 56er-Fujinons bei Blende f/1,2 heran, doch sind die Unterschiede zu vernachlässigen. Allerdings zeigt das Fuji auch noch bei Blende f/1,4 und f/2 an kontrastreichen Kanten stärker ausgeprägte Farbsäume als das 56er von Sigma. Für sich genommen begeistert die Qualität des Sigma 56 mm selbst bei Blende f/1,4 in der 100-Prozent-Ansicht.
Es ist erstaunlich, wie viel Leistung Sigma seinen drei Economy-Objektiven mitgegeben hat. Zwar erreichen sie im direkten Vergleich nicht ganz die Abbildungsqualität der kostspieligeren Fujinone, eignen sich aber dennoch selbst für hohe Ansprüche. Wer kompromisslose Bauqualität und Abbildungsleistung möchte, sollte unbedingt in die Originalobjektive investieren. Da macht es auch nichts, dass zwei der Testkandidaten von Fuji inzwischen sieben und acht Jahre auf dem Buckel haben. Optisch bieten sie noch immer großes Kino.

STECKBRIEFE DER KANDIDATEN

Text und Fotos: Frank Thoma