KAMERA-SYSTEME IM VERGLEICH

GEHT DER SPIEGEL BADEN?

Sie sind kompakt, besitzen ein Bajonett für Wechselobjektive und einen grossen Sensor. Auf den Spiegel verzichten sie – und ziehen daraus einiges an Potenzial: Spiegellose Systemkameras sind auf dem Vormarsch, doch sind sie wirklich schon reif für ein erfolgreiches Aufbegehren?

“Kein Profi greift heute zu einer spiegellosen Kamera”, schallt es uns von den Kritikern entgegen. Wen wundert’s, es fährt ja auch kein Formel-1-Fahrer ein Rennen mit einem Elektromotor. Solche Boliden gibt es nämlich ebenso wenig wie eine Profi-Kamera ohne Spiegel. Doch würden sie es tun, oder greifen vielleicht einige von ihnen schon in die spiegellose Amateurklasse? Wir arbeiten die Unterschiede der Systeme mit und ohne Spiegel heraus und hinterfragen, wann welches Konzept am besten zu Ihren Motiven passt. Dazu haben wir uns vergleichbare Vertreter beider Klassen zum Test geholt: darunter Nikons D5100 mit Rückschwingspiegel, Sonys Alpha 55 mit fest stehendem, teildurchlässigem Spiegel, die Panasonic Lumix G3 und GH2 sowie die Samsung NX11 als Vertreter der Gattung Spiegellos. Mit Ausnahme des Micro-FourThirds-Sensors der Lumix besitzen alle Kandidaten einen APS-C-Sensor mit einem Verlängerungsfaktor von 1,5 zum Kleinbild, die Lumix verlängert um den Faktor 2.

Wie sehr sich der Markt bewegt, wird schon an der blossen Zahl und Vielfalt der SLR-Alternativen erkennbar: Die Pioniere von Olympus und Panasonic haben bereits über ein Dutzend Spiegellose auf den Markt gebracht, Olympus bislang vier Pen-Modelle mit klassischer Linienführung. Wir rechnen mittelfristig mit zwei weiteren Modellen, eines davon in Spiegelreflex-Anmutung mit “Sucherbuckel”. Panasonic hat seit Erscheinen seiner spiegellosen Reihe vier Allround-Talente (G), zwei Video-Aspiranten (GH) und drei stylishe Minis (GF) präsentiert. Das jüngste Modell, die GF3, mit der Panasonic die Miniaturisierung auf die Spitze treibt, konnten wir bereits einem ersten Test unterziehen (ab Seite 8). Sony kontert mit zwei gänzlich unterschiedlichen Konzepten. Derzeit bestimmen zwei spiegellose und ultraflache NEX-Modelle mit APS-C-Sensor den Markt, ausserdem zwei sogenannte SLT-Kameras mit fest stehendem, teildurchlässigem Spiegel. Kurz vor Redaktionsschluss stellte Sony in beiden Produktlinien weitere Modelle vor (siehe Seite 10) und weitet das Zubehörprogramm aus. Auch Samsung bestückt den Markt mit einem kompakten Modell und drei Kameras mit elektronischem Sucher – alle ebenfalls ohne Spiegel. Bei der Bedienung legt Samsung das Augenmerk auf einen Fly-by-wire-Ring am Objektiv, der mit allerlei Funktionen belegt werden kann (iFN). Bei Pentax verdichten sich die Gerüchte um ein Engagement im spiegellosen Segment, wenngleich die Markteinführung durch die Katastrophe in Japan verschoben zu sein scheint. Und wie reagieren die SLR-Riesen Canon und Nikon auf den neuen Trend im Systemkamera- Bereich? Trotz zweistelliger Marktanteile spiegelloser Systemkameras in Japan hüllen sich beide in vehementes Schweigen. Von Nikon gibt es zumindest eine Patentschrift, Canon lässt noch gar nichts durchblicken. Kaum vorzustellen, dass die beiden kein Ass im Ärmel haben. Und ebenso unverständlich, dass sie einen möglichen Trumpf noch nicht ausgespielt haben.

Photographie SLR
SLR

Besonderheiten: Lichtweg wird vom Spiegelkasten in den Sucher bzw. auf den Sensor gelenkt.
Autofokus: Phasenmessung
Sucher: optisch
Lichtweg: Spiegelkasten & Prisma
Bildinformation: optisch, Parameter einblenden
Profil: Klassische Spiegelreflexkameras besitzen einen Spiegelkasten und einen optischen Sucher. Hier sehen die Fotografen ihr Bild so, als würden sie über die Kamera hinweg durch einen gedachten Rahmen, den Bildausschnitt, sehen. Mithilfe der Abblendtaste, die die Blende im Objektiv auf den eingestellten Arbeitswert schliesst, kann der Fotograf die Schärfentiefe seines Bilds beurteilen. Spiegelreflexfotografen greifen auf eine grosse Zahl von Objektiven zurück.

Photographie SLT
SLT

Besonderheiten: Licht fällt durch den teildurchlässigen Spiegel auf den Sensor, ein Teil erreicht die Phasen- und Lichtmessung.
Autofokus: Phasenmessung
Sucher: elektronisch
Lichtweg: Spiegelkasten & EVF
Bildinformation: Live-Bild mit Auswirkungen der Belichtungsparameter plus Zusatzinformationen
Profil: Sony verfolgt als derzeit einziger Hersteller das Prinzip eines teildurchlässigen Spiegels und bietet überzeugten Spiegelreflexfotografen damit einen sanften Übergang in die Welt der spiegellosen Modelle mit elektronischem Sucher. So hält Sony die Phasenmessung in Systemkameras mit Live-Bild aufrecht und erzielt mit seinen Modellen einen bemerkenswerten Vorteil bei der Serienbildfunktion im Vergleich zu Spiegel-reflexkameras einer vergleichbaren Klasse.

Photographie Spiegellose Systemkameras
Spiegellose Systemkameras

Besonderheiten: Licht fällt direkt auf den Sensor, hier finden alle Prozesse statt. Vor der Aufname wird der Sensor komplett geleert.
Autofokus: Kontrastmessung
Sucher: elektronisch
Lichtweg: direkt, EVF
Bildinformation: Live-Bild mit Auswirkungen der Belichtungsparameter plus Zusatzinformationen
Profil: Spiegellose Systemkameras verbinden die Vorteile der Kompaktfotografie mit den Errungenschaften der Systemfotografie, ohne dabei den Umweg über einen Spiegelkasten und einen optischen Sucher gehen zu müssen. Für manchen ambitionierten Spiegel-reflexfotografen ist die Vorstellung, auf einen optischen Sucher verzichten zu müssen, unangenehm. Wer jedoch im digitalen Zeitalter aufgewachsen ist, freundet sich schnell und völlig selbstverständlich damit an.

BAU-PRINZIPIEN

Photographie Spiegelreflex-Systeme
Spiegelreflex-Systeme
Der Weg des Lichts führt durch das Objektiv in den Spiegelkasten der Kamera. Hier passiert ein Teil den Hauptspiegel und versorgt über den Nebenspiegel den Autofokus-Sensor (Phasenmessung) mit den benötigten Informationen. Der Rest des Lichts wird über den Spiegel in das Prisma (oder eine Dachkantspiegel-Konstruktion) gelenkt, die ein seitenrichtiges, aufrecht stehendes Bild in den Sucher gibt. Nach dem Auslösen klappen Haupt- und Nebenspiegel aus dem Strahlengang, der Verschluss öffnet sich und läuft vor dem Sensor in einer Breite her, die der Verschlusszeit entspricht. Anschliessend nehmen Spiegel und Verschluss ihre Ausgangspositionen wieder ein.
Spiegellose Systeme

Das Licht fällt durch das Objektiv direkt auf den Sensor, der permanent ein Live-Bild an den elektronischen Sucher liefert. Dieses Live-Bild berücksichtigt alle eingestellten Kamera- und Belichtungspara-meter und hält für den Fotografen auf Wunsch weitere Informationen bereit. Der Bildsensor bewerkstelligt auch die Belichtungsmessung und den Autofokus (Kontrast-Autofokus). Mit dem Auslösen schliesst sich der mechanische Verschluss vor dem Sensor, der für die Bildgebung von allen hierfür störenden Informationen “gereinigt” wird. Nun läuft der Verschluss vor dem Sensor ab und gibt ein Bildfeld frei, das der gewählten Belichtungszeit entspricht. Die Bildinformationen werden ausgelesen, und der Sensor beliefert den Sucher erneut mit einem Live-Bild.

Photographie Sun
Stimmungsvolle Porträts mit einem gezielten Schärfeverlauf lassen sich bei geöffneter Blende auch mit dem kleineren Micro-FourThirds-Sensor einfangen. Seine Leistungen unterscheiden sich nicht von denen des APS-C-Formats. Foto: Frank Späth

Die Karten werden neu gemischt, und mit den spiegellosen Systemen sind neue Trümpfe ins Blatt gekommen. Ob sie die etablierte Technik aus dem Rennen schmeissen können, entscheidet sich im Einzelfall und je nach Einsatzgebiet.

Lichtbilder
Fällt der Spiegelkasten weg, reduziert sich zu allererst einmal das Auflagemass, also der Abstand zwischen Sensorebene und Kamerabajonett – beim (Micro-) FourThirds-System (siehe Kasten) von 40 auf 20 mm. Dieser verringerte Abstand ermöglicht zum einen eine flachere Kamerabauweise, ausserdem deutlich kompaktere und leichtere Objektive. Das Licht fällt nun nicht mehr über einen Spiegel in die Sucherkammer – im Idealfall ein helles Pentaprisma – und gibt dem Fotografen ein seitenrichtiges und aufrechtes Abbild der Szenerie vis-á-vis der Kamera, sondern es belichtet den Sensor auf direktem Wege. Der Fotograf sieht ein Live-Bild im elektronischen Sucher oder auf dem Kameramonitor, wie bei einer Kompakten.

Mit dem Spiegel fällt aber nicht nur das optische Abbild weg, sondern auch der Autofokus per Phasenmessung. In der klassischen Konstruktion einer Spiegelreflexkamera passiert nämlich ein kleiner Teil des Lichts den Hauptspiegel und wird auf das AF-Modul unterhalb davon geworfen. Fehlt der Spiegel, dann muss der Bildsensor selbst die richtige Schärfe ermitteln, und zwar per Kontrast- Autofokus. Wo sich also bei der herkömmlichen Konstruktion mehrere Bauteile die Arbeit teilen, ist der Sensor einer Spiegellosen allein für AF-, Belichtungsmessung und Bildgebung zuständig. Das führte in der Anfangszeit der neuen Technik zu spürbaren Auslöseverzögerungen.

Sony hat sich für dieses Problem eine clevere Lösung ausgedacht und schickt seine SLT-Modelle (Single Lens Translucent, also “einlinsige Kamera mit teildurchlässigem Spiegel”) ins Rennen. Hier bleibt der Spiegel erhalten, schwingt aber nicht und lässt einen Teil des Lichts passieren (siehe Seite 31). So liefert der Sensor ein Live-Bild an den elektronischen Sucher beziehungsweise an den Kameramonitor, ohne dass der Fotograf dafür auf die Phasenmessung beim Autofokus verzichten müsste. Das macht die SLT-Technik zwar nicht kompakter, doch fallen der Spiegelschlag und die damit verbundene mechanische wie geräuschvolle Belastung weg. Wie wir bereits in Ausgabe 12/2010 belegen konnten (“David gegen die Goliaths”), stösst Sony mit seinen SLT-Modellen in Bildfolgen vor, die sonst Spiegelreflexkameras vorbehalten waren, die preislich deutlich über den derzeit aktuellen SLT-Modellen angesiedelt sind.

SPIEGELSCHLAG ADE

Photographie MirrorSLT: “Der Trick mit dem Spiegel”
Äusserlich unterscheiden sich die digitale SLR und SLT nicht voneinander. Erst beim Blick in den Sucher bemerkt der Fotograf, dass er hier in das Live-Bild eines elektronischen Suchers blickt. Das Bild liefert der Bildsensor, den etwa 70 Prozent des auf den Spiegel fallenden Lichts erreichen. Der Rest wird nach oben gelenkt, wo sich ein separater AF-Sensor (Phasenmessung) befindet. Vom Auslösen der Kamera bleibt der Spiegel gänzlich unbeeindruckt. Lediglich vor dem bildgebenden Sensor schliesst sich der Verschluss. Wie beim Live-Bild üblich, wird der Bildsensor zurückgesetzt, bevor ihn der Verschluss entsprechend der gewünschten Belichtungszeit freigibt. Anschliessend beginnt der Prozess von vorn.

Photographie Kriegelstein
Langzeitbelichtung: Um die Lichtstimmung einzufangen, stellt Kriegelstein seine Lumix auf das Stativ und belichtet über drei Sekunden bei ISO 160. Foto: Manfred Kriegelstein

Informationsvielfalt
Der optische Sucher ist für viele Fotografen unverzichtbar. Er zeigt das “gewohnte” Bild, wie es durch das Objektiv fällt und in der Sucherkammer in eine aufrechte und seitenrichtige Position gebracht wird. Per Mattscheibe werden die Lage und Aktivierung der vorgegebenen Fokusfelder sowie Informationen zur Kameraeinstellung und den Belichtungsparametern eingeblendet. Besitzt die Kamera eine Abblendtaste und ein ausreichend helles Sucherbild, wird zusätzlich der Schärfeverlauf sichtbar.

Gehen wir doch auf dem Zeitstrahl der Kameratechnik ein bisschen zurück: Beim Wechsel vom Sucher beziehungsweise zweiäugigen System zur einäugigen SLR argumentierten die Befürworter mit der Möglichkeit, das Bild so zu sehen, wie es später auf den Film gebannt werden sollte. Die Auswirkung jedes mechanischen Filters vor dem Objektiv sah der Fotograf im Sucher genau so. Kommt Ihnen das bekannt vor? Die Argumentation für einen Wechsel vom optischen zum elektronischen Sucher ist davon gar nicht weit entfernt. Nur geht es dieses Mal nicht um Filter, sondern um sämtliche Belichtungsparameter, die der Fotograf an seiner Kamera einstellt: um die Belichtung selbst, den Weissabgleich und Verfremdungen etc. Selbst ein Histogramm, auf Wunsch nach Farbkänalen getrennt, einen künstlichen Horizont, den aktuellen Standort und mehr. Bei unseren Testkandidaten sind Auflösung und Frequenz der elektronischen Sucher so weit gediehen, dass wir den optischen Sucher zu keinem Zeitpunkt vermisst haben. Störend äussert sich jedoch der sogenannte Black-out-Effekt, bei dem der Sucher in schneller Serie während des Speichervorgangs der Daten ein schwarzes Bild zeigt. Im Vergleich zu der nur Sekundenbruchteile andauernden Dunkelphase während des Spiegelschlags ist das störend und nicht akzeptabel. Eine unlösbare Aufgabe ergibt sich daraus jedoch nicht. Sony etwa hat versprochen, dieses Problem mit den neuen SLTs zu lösen. Aufschluss darüber bringt der erste Test der neuen Alpha 35.

JÜRGEN TOLKSDORF SCHAUT IN DEN SPIEGEL

Photographie Tolksdorf“Aus meiner Sicht ist eine DSLR beim heutigen Stand der Technik aus mehreren Gründen unverzichtbar. Beginnend beim Sucher, in dem ich exakt und ohne digitale Verfremdung eines Monitors sehen kann, was ich fotografiere, über den Vollformat- Sensor, mit dem ich in der Lage bin, kleinste Details selbst bei hohen Empfindlichkeiten festzuhalten, bis hin zur Robustheit, insbesondere beim Wechsel der Objektive und eben auch der Vielfalt der Objektive. Die Entwicklung der Spiegellosen geht auf jeden Fall in die richtige Richtung. Da sind Vorteile wie lautloses Auslösen oder Gewicht und Grösse, die eine Rolle für mich spielen. Derzeit kommt ein Wechsel aber nicht infrage.”

Im Ruhrgebiet zu Hause
Geschichten zu erzählen, ohne ein Wort zu sagen, ist die Passion von Jürgen Tolksdorf, zu dessen Vorbildern Paolo Roversi, Jean-Baptiste Huynh, Jim Rakete, Paul Leclaire, Albert Watson, Helmut Newton, Guido Argentini, Marla Rutherford und Rankin gehören. Der gebürtige und bekennende Dortmunder hat nicht nur in ganz Deutschland gearbeitet, er war rund um die Welt zu Hause: in Ost- und Westeuropa, den USA, Kanada und Australien. Vor etwa zwei Jahren hat sich Tolksdorf auf die Hochzeitsreportage spezialisiert, zu seinen Genres zählen aber auch Menschen, Porträts, Events und ungewöhnliche Orte. www.juergentolksdorf.de

Photographie Habura
Gegenlicht: Der Micro-FourThirds-Sensor meistert den hohen Kontrastunterschied, die Mehrfeldmessung kommt auf 1/2000 s und f/8 bei ISO 200. Manuelle Korrektur – 0,3 EV. Foto: Tobias F. Habura

Bis in die Ecken
Der Kontrast-Autofokus arbeitet sehr genau, erkennt Gesichter und andere Schemata, agiert jedoch im Blindflug vor und zurück und wirkt dabei mitunter betriebsam, hektisch und manches Mal ein bisschen ratlos. Reichen die Kontraste nicht, bleibt das gewünschte Ergebnis ganz aus. Prinzipbedingt spielt die Phasenmessung hier ihre Vorteile aus, die vor allem in der Geschwindigkeit liegen, da das System schon vorher weiss, in welche Richtung die Linsen verschoben werden müssen.

Gerade Panasonic arbeitet aber fieberhaft und erfolgreich daran, bei der Geschwindigkeit aufzuholen. Auf Nachfrage ihres Erfolgsrezepts nannten die japanischen Entwickler neben der Prozessorleistung vor allem die Objektivkonstruktion. Fujifilm zeigt im Kompaktkamera-Bereich eine weitere Raffinesse auf: Einzelne Dioden des Bildsensors werden zur Phasenmessung herangezogen, die fehlenden Bildinformationen interpoliert. So weiss auch der Kontrast-AF, in welche Richtung er korrigieren muss. Ist der Geschwindigkeitsvorteil passé, verbucht die Kontrastmessung viele Vorteile für sich. Dazu zählt etwa die freie Wahl des Fokusfelds, die bei der Panasonic Lumix G3 und GF3 über den Monitor mit nur einem Fingertipp selbst in den äussersten Ecken des Bildfelds möglich ist.

Lautlos
Gewicht und Grösse der spiegellosen Systeme im Vergleich zu klassischen SLR werden immer wieder ins Feld geführt. Wirklich bemerkbar machen sie sich im Angesicht kleinster DSLRs von Olympus oder Pentax jedoch primär bei den Objektiven. Wer sich etwa mit kleinbildäquivalenten 14-600 mm bestückt, benötigt dafür spiegellos kaum mehr Platz als für eine Damenhandtasche oder einen Schuhkarton. Häufig vergessen wird hingegen der Vorteil des vergleichsweise dezenten Einsatzes der Kamera. Der Verschluss agiert bei den derzeitigen spiegellosen Modellen zwar noch mechanisch, der lautstarke und mit Erschütterungen einhergehende Spiegelschlag, den vor allem Vollformatfotografen kennen, fällt aber weg. Ein deutlicher Vorteil für Aufnahmen, bei denen Fotografen nicht stören sollen – in Kirchen etwa oder bei klassischen Konzerten.

Film ab!
Videografen, die den cineastischen Effekt des grossen Sensors schätzen, landen bei einer DSLR mit Videofunktion und schnell auch bei der Erkenntnis, dass der AF ihr grösster Feind ist. Nicht so bei den spiegellosen Modellen, die auf einen permanenten Autofokus während des Live-Bilds getrimmt sind. Ein externes Mikrofon sollte aber auch hier zur Grundausstattung gehören, sonst hinterlässt der Fokus störende Geräusche.

Fazit
Die Zukunft der digitalen Systemfotografie gehört den spiegellosen Kameras. Die Schnelligkeit und der Erfolg, mit dem sich PEN, Lumix G, NEX und NX den Leistungsparametern klassischer Spiegelreflexkonzepte nähern, lassen da nur wenige Zweifel aufkommen. Wenngleich das Rennen noch nicht in allen Leistungsklassen eröffnet ist.

Es gibt derzeit keine Spiegellose, die es in der Gesamt-Performance mit einer Profi-DSLR à la EOS-1 oder Nikon D3 aufnehmen könnte. Im Segment der Einsteiger und ambitionierten Amateure verbucht die neue Technik jedoch die besseren Argumente für sich.

MANFRED KRIEGELSTEIN BRAUCHT KEINEN SPIEGEL

Photographie Kriegelstein“Es hat alles damit angefangen, dass ich bei einer Kollegin eine spiegellose Kamera sah. Zuerst dachte ich an eine Zweitkamera, dann kaufte ich mir zur Lumix das passende 4/7-14 mm-Objektiv, das hat mich überzeugt. Am Vollformat hatte ich beim Weitwinkel stets ein Schärfeproblem im Randbereich, bei Micro-FourThirds-Systemen tritt das nicht auf. Vermisst habe ich beim Vollformat ausserdem einen dreh- und schwenkbaren Monitor sowie die Makrolupe. Ich geniesse es, im Sucher bereits das fertige Bild zu sehen und nicht auf die Rückschau angewiesen zu sein. Und natürlich spielt das Gewicht meiner Ausrüstung eine grosse Rolle. Zwar bietet das Vollformat noch grössere Reserven bei der Sensorempfindlichkeit. Da ich viel vom Stativ arbeite, ist das für mich aber kein Thema, High-ISO-Einstellungen nutze ich kaum.”

Preisgekrönter DVF-Fotograf
Manfred Kriegelstein ist Mitglied im Deutschen Verband für Fotografie (DVF) und erfolgreichster deutscher Teilnehmer seit Bestehen internationaler
Fotosalons. Mehr als 1.300 Auszeichnungen und Preise bei internationalen Fotowettbewerben und Ausstellungen zeugen davon. Der Potsdamer Fotograf und Fotokünstler beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Fotografie und hat so manche Diskussion unter Kollegen und Wegbegleitern ausgelöst. www.manfred-kriegelstein.de

Autor: tfh