UNTERWEGS BESSER BLITZEN

In den vergangenen Wochen haben Canon, Sigma, Nissin, Metz, Nikon und Fujifilm neue Blitzgeräte vorgestellt. Metz arbeitet als Einziger mit einem Touchscreen. Bis auf den Fujifilm-Blitz können alle neuen Geräte den Reflektor bis auf 200 mm zoomen. Vorteil: mehr Power und ein deutliche verengter Lichtkegel für Spielereien mit harter Beleuchtung.

POTZBLITZ!

In Zeiten gigantischer ISO-Werte geht es bei Systemblitzen nicht mehr um pure Helligkeit. Auf die Kamera gesteckt oder per Funk gesteuert, punkten sie mit raffinierter Lichtwirkung.

Alte amerikanische Kinofilme zeichnen ein hübsches Klischeebild vom Fotoreporter: mit Presseausweis an der Hutkrempe und XL-Stabblitz an der Kamera – eine Licht-Waffe in Zeiten körniger Negative. Nach wie vor gehört ein Systemblitz zu jeder größeren Fotoausrüstung; aber statt eine Licht-Explosion zu entfachen, geht man inzwischen mit chirurgischem Besteck zu Werke. Außer beim Blitzen gegen die Sonne spielen hohe Leitzahlen nicht mehr die Hauptrolle.

WIRKLICH PFIFFIG
Viele Lichtformer kommen aus den USA oder aus China, aber Alexander Schwarz und Thomas Hirn greifen aus dem bayerischen Ellgau an. Sie haben die “Strip Tube” entwickelt, eine rund 80 cm lange Röhre, die an das Strip Light von Studioblitzen erinnert. Die Innenseite ist hoch reflektierend, vorn streut milchiges Plexiglas das Licht, den Blitz steckt man von unten ein. Circa 180 Euro. www.thas-systems.com und www.enjoyyourcamera.com

Vielen Reportagefotografen gilt jenes Blitzlicht als das Beste, das sich auf den Fotos gar nicht als solches zu erkennen gibt. Wer für seine Nachtaufnahme die Blende weit öffnet und einen hohen ISO-Wert vorgibt, lässt genug Umgebungslicht hinein, um die Lichtstimmung trotz des Blitzlichts zu bewahren. Da der Blitz das Motiv einfriert, darf auch die Belichtungszeit ein wenig länger werden, ohne dass es verwackelt. Weiterer Tipp für abendliche Partys und artverwandte Foto-Jobs: Meist herrscht dort durch Kerzen und Glühbirnen Kuschelstimmung. Damit das Blitzlicht auf dem Bild nachher nicht als allzu blau auffällt, empfiehlt sich eine orangefarbene Folie, die man vor dem Blitzkopf befestigt. Zum Start genügen ein Schnipsel Folie und ein Klebestreifen, Beleuchter sprechen von “CTO-Gels” für “color temperature orange” (online unter anderem erhältlich bei Amazon.de oder Musicstore.de). Bei einigen Systemblitzen gehören farbige Aufsätze inzwischen sogar zum Lieferumfang.

TTL-Technik für Canon, Nikon und Sony
Hier stellen wir ein paar Lichtformer vor, die sich im Test besonders bewährt haben. Den größten kreativen Spielraum bekommen jedoch alle, die ihr Blitzgerät von der Kamera lösen. Über Funk lässt sich der Systemblitz von jeder beliebigen Position aus steuern, ein Sichtkontakt zur Kamera – wie früher bei der Kommunikation über Infrarot- oder Slave-Technik – ist passé.

ECHT ANZIEHEND
Klettband, Klebeband, Gummiband: Die Welt der Lichtformer für Systemblitze hing über Jahre an mehr oder minder stabilen Band-Lösungen. Vor gut einem Jahr trat “MagMod” auf den Plan, kurz für Magnetic Modifier. Zwar blockiert die hauseigene Magnethalterung den Blitzkopf für andere Lichtformer, aber solange man sich in der MagMod-Welt bewegt, lässt sich großartig arbeiten. Farbfilterfolien, Diffusoren und Grids halten absolut fest, dennoch genügt ein Handgriff, um sie zu wechseln. Seit Kurzem haben die Amerikaner ihr Programm um eine Snoot sowie um den Gobo-Aufsatz “Beam” erweitert, der Muster per Blitz projiziert. Für diese Aufnahme kam ein Grid zum Einsatz, das bläuliche Blitzlicht feuert von hinten rechts und kontrastiert die rote Bühnenbeleuchtung, die Spiegelung links stammt von einem Prisma. MagMod-Basis-Kit etwa 100 Euro. www.enjoyyourcamera.com oder www.magnetmod.com

RICHTIG RUND
Lichtreflexe, die die Pupille umrunden, haben sich zu einem veritablen Fotografen-Fetisch entwickelt. Wer keinen echten Ringblitz kaufen möchte, kann neben dem Roundflash auf den Orbis zurückgreifen. Die Reflektorfläche fällt nicht ganz so groß aus, dafür ist der Kunststoff sehr robust, die Kamera kann man gut auflegen, selbst ein 70-200 mm findet in der Mitte Platz.

 

Da der Blitz von unten eingeschoben wird, bleibt das AF-Hilfslicht frei – gerade abends eine große Hilfe. Die Doppel-L-Schiene, die den Orbis direkt mit der Kamera verbindet, zeigt sich jedoch ganz schön sperrig – besser das Geld sparen und Funkauslöser kaufen.

Für dieses Bild haben wir den Orbis mit einem Systemblitz, einem Phottix-Auslöser und einem großen Phottix-Blitz kombiniert, der “Indra 500” sorgt für den weißen Hintergrund. Orbis: www.mamiya.de, circa 200 Euro; Phottix-Produkte: www.grotura.de

Mächtig Eng
Die Marke „Rogue“ gehört zu den Pionieren, wenn es darum geht, aus Systemblitzen mehr herauszuholen. Neben einer kleinen Softbox zum Aufrollen findet sich das „3-in-1-Flash Grid“ im Programm – es hat uns von den Rogue-Lösungen am besten gefallen. Die Idee sämtlicher Waben-Vorsätze („honeycomb“), die man bei den Zubehörfirmen findet: ein hartes, stark gerichtetes Licht. Während zahlreiche Waben das Rechteck des Blitzkopfes nachahmen, setzt man bei Rogue auf einen runden Lichtformer.


Dank der Kreisform entsteht ein Spot, der an den Scheinwerfer einer Bühne erinnert. Mithilfe zweier Waben – beide gehören bei Rogue zum Lieferumfang – lässt sich der Blitz auf 16 Grad verengen. Solche Extreme erlauben es, selbst beim Einsatz auf der Kamera Effekthascherei zu betreiben, zum Beispiel durch den Gegensatz aus Spotlight und Weitwinkel, hier bei 24 mm. Einfacher wird es, wenn ein Assistent den Blitz hält und ausrichtet, sodass der enge Kegel das Motiv nicht verfehlt. Das Rogue Grid lässt sich ad hoc an jedem Blitz montieren und kostet etwa 45 Euro, zum Beispiel bei www.foto-koester.de

Den gesamten Artikel finden Sie in der PHOTOGRAPHIE-ePaper-Ausgabe 09/2016.

Autor: Sebastian Drolshagen