PERFEKT BELICHTEN: GAR NICHT SO EINFACH
Sie ist ein zentrales Feature, das in der Wahrnehmung vieler Fotografen aber kaum eine Rolle spielt: die Belichtungsmessung. Deswegen lohnt sich hier ein genauerer Blick, um zu besseren Bildern zu kommen.
Text & Fotos: Dr. Björn K. Langlotz
Sie ist extrem wichtig für technisch saubere Bilder, dennoch macht sich kaum jemand Gedanken über das Thema Belichtungsmessung. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten, die Belichtung zu messen: Bei der Lichtmessung wird das einfallende Licht evaluiert, bei der Objektmessung das vom Motiv reflektierte Licht. Während man für die erste Methode mit einem Messgerät am Motiv misst, erlaubt es die Objektmessung, nicht „direkt vor Ort“ zu sein.
Objektmessung und 18%-Grau
Technisches Ziel der „richtigen“ Belichtung ist es, dass die Helligkeitsverteilung des Bildes so vom Betrachter wahrgenommen wird, wie er das Motiv in der Realität sehen würde. Dies ist dann der Fall, wenn beispielsweise in einer Landschaftsaufnahme die Helligkeit des Grüns von Laubbäumen in etwa in der logarithmischen Mitte des abbildbaren Kontrastumfangs liegt. In der Fotografie nennt man dies „Dichte“. Der Logarithmus des Kontrastumfangs (log D) liegt bei 3. Somit ist die Hälfte 1,50 log D. Wird dies nun in eine Dezimalzahl umgerechnet, erhält man 17,86% – oder einfacher 18%. Das heißt: Das Grün der Laubbäume reflektiert tatsächlich rund 18% des einfallenden Lichts.
Und genau auf diesen Wert sind Belichtungsmesser in Kameras kalibriert: Sie gehen davon aus, dass immer etwas fotografiert wird, das genauso viel Licht reflektiert wie Laubbäume. Das ist überraschend häufig der Fall, weshalb sich auch heute noch alle Belichtungsmesser genau auf diese Helligkeit beziehen. Herausfordernd wird es, wenn das Motiv eine andere Helligkeit hat oder die Lichtverteilung im Bild zu ungewöhnlich ist, so dass im Messbereich des Belichtungsmessers in der Kamera eben keine „durchschnittlichen“ Verhältnisse herrschen. Um dieses Problem zu umgehen, führten die Kamerahersteller bereits vor rund 40 Jahren verschiedene Techniken ein, um auch hier verlässlicher „richtig“ belichtete Bilder zu erhalten. Viele moderne Systemkameras verstecken inzwischen die Auswahl der Messmethoden mehr oder weniger tief im Menü. Das hat gute Gründe, denn inzwischen sind die Mehrfeldmesssysteme der meisten Kameras so ausgeklügelt, dass sie das Gros der Beleuchtungssituationen mit einem Fehler von nicht mehr als etwa einer Blende erfassen. Zumindest für RAW-Fotografen ist das tolerabel. Dies betrifft insbesondere Situationen im gängigen Fotografenalltag wie Personenaufnahmen außerhalb eines Studios, Landschaftsbilder ohne ungewöhnliche Helligkeitsverteilungen, Architektur- oder Tierfotografie. Schwierig wird es jedoch üblicherweise, wenn die Motive ungewöhnliche Licht- bzw. Helligkeitsverteilungen haben. Dies kann im Studio, aber auch in der Natur bei Schneelagen oder der Sonne im Bild und im Makrobereich auftreten. Aber auch manche Alltagssituation wie ein dunkelbrauner Hund können noch zu etwas Verwirrung führen. Hier kann dann der gezielte Einsatz der diversen angebotenen Messmethoden helfen. Für die meisten Fotografen dürfte jedoch ein anderer Ansatz mittelfristig zielführender sein: Lernen Sie Ihre Mehrfeldmessung und deren Tücken gut kennen und verwenden Sie gezielt die Belichtungskorrektur.
Noch besser: Lichtmessung
Die Nachteile der Objektmessung von der Kamera aus können trotz verschiedener Messverfahren und ausgeklügelter Motiverkennungen nur teilweise ausgeglichen werden. Anders ist dies bei der sogenannten „Lichtmessung“ mit einem Handbelichtungsmesser. Hier wird das einfallende Licht gemessen und eine Kombination aus Blende, Belichtungszeit und ISO (üblicherweise werden zwei der Werte fixiert und der dritte berechnet) ausgegeben, die einer Reflexion von 18% entsprechen würden. Da dies aber nicht zwingend der Motivreflexion entspricht, wird man unabhängig vom Motiv eine Belichtung erhalten, die der menschlichen Wahrnehmung entspricht. Zur eigentlichen Messung wird der Handbelichtungsmesser idealerweise beim Motiv in Richtung Kamera gehalten und das Licht gemessen. Im Studio kann das einfach realisiert werden, wobei es hier verschiedene Möglichkeiten zur Ausrichtung des Handbelichtungsmessers gibt. In der freien Natur ist das nicht immer möglich. In vielen Fällen kann man jedoch einfach das Licht am Standort „hinter sich“ ausmessen.
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TIPP 1
MIT DER SPOTMESSUNG GEZIELT ARBEITEN
Ist das Motiv von starkem Gegenlicht geprägt und weist Elemente mit mittlerer Helligkeit auf, dann schlägt die Stunde der Spotmessung. Visiert man ein solches Bildelement an, erreicht man in der Regel eine gute Belichtung für das Hauptmotiv. Ein „Kompromiss“ zwischen Hauptmotiv und Umgebung ist so aber nur mittels Belichtungskorrektur zu erreichen.
TIPP 2
BELICHTUNGSKORREKTUR ODER LICHTMESSUNG?
Schnee täuscht viele kamerainterne Belichtungsmesser. Auch wenn das Ergebnis der Mehrfeldmessung mit rund einer Blendenstufe nicht dramatisch zu dunkel gerät (rechts), ist die realistische Abbildung erst mit einer Belichtungskorrektur zu erreichen. Die Lichtmessung mit dem Handbelichtungsmesser durch Ersatzmessung beim zehn Meter entfernten Fotografen lieferte sofort das korrekte Ergebnis (links).
TIPP 3
BLITZLICHT IM GRIFF
Wer häufig im Studio fotografiert, wird einen Handbelichtungsmesser mit Blitzlichtfunktion schnell zu schätzen lernen. Denn gerade beim Einsatz mehrerer Blitzgeräte ist eine präzise, getrennte Ausmessung der abgegebenen Lichtmenge wichtig, damit das Foto nicht zum Zufallstreffer wird. Vor allem dann, wenn das Blitzlicht zur Akzentuierung von Details im Bild dienen soll, kann die Wirkung mit einem Handbelichtungsmesser am einfachsten optimiert werden.