The Pink and Blue Project

The Pink and Blue Project


JeongMee Yoon
Hatje Cantz

Preis: 40 €



WANN IST EIN KIND EIN KIND?

Schon vor der Geburt eines Kindes steht neben der Frage der Gesundheit eine weitere große Frage im Raum: Mädchen oder Junge? Daraus ergibt sich nicht nur die Namensnennung, sondern auch die Farbgebung des Kinderzimmers, der Kleidung und des Spielzeugs. In Zeiten geschlechterübergreifender Lebensstile und -anschauungen hat sich dieser Wille zur Zuordnung zwar etwas gelockert, herrscht aber immer noch vor, wie den Fotografien der koreanischen Künstlerin JeongMee Yoon zu entnehmen ist. Während ihres Langzeitprojektes von zehn Jahren suchte sie in New York und Seoul Familien auf, um deren Kinder in ihren Zimmern, umgeben von ihren Spielsachen, abzulichten und einen Zusammenhang zwischen Geschlecht, sozialen Normen und Konsumkultur aufzuzeigen. „Während der Aufnahmen bitte ich die Kinder um einen möglichst neutralen Ausdruck. Aus den Fotos von fünf bis acht Filmrollen, die ich bei einer Session erstelle, suche ich nach den subtilen Gesten, die den Charakter des jeweiligen Kindes zeigen“, beschreibt JeongMee Yoon ihre Vorgehensweise. Lange Zeit wurden Jungen einst mit Rosa als das „kleine Rot“ ausgestattet. Rot war männlich belegt und stand für Blut, Leidenschaft, Kampf, Eros. In Anlehnung an das meist blaue Gewand der „Muttergottes“ trugen die Mädchen hellblau. Den Wandel ins Gegenteilige Anfang des 20. Jahrhunderts erklärt man sich durch die veränderte Kleidungsfarbe der Männer ins Blau hinein. Was hat es dann mit der geschlechterspezifischen Farbfestlegung auf sich, wenn sie auch einer Wandlung unterliegen kann? Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens die Wirkung von Farben: Gefängnisleitungen in den USA setzen zur Reduzierung von Gewalt verstärkt Pink ein, in der Kleidung oder im Anstrich der Wände. Mit Erfolg. Doch im Fall der Mädchen und Jungen handelt es sich wohl eher um frühkindliche Prägung auf ein späteres Rollenverständnis mit, wie wir heute wissen, sozialen, politischen wie psychischen Problemen. Es gibt also allen Grund, diese traditionelle Verkrustung aufzubrechen, auch um einer konsumorientierten Produktion von fragwürdigen Spielsachen im Hinblick auf Masse, Sinn und Material Einhalt zu gebieten. Auf dem im Bildband „The Pink and Blue Project“ gezeigten Fotografien drohen die Mädchen und Jungen nicht zufällig inmitten einer Materialschlacht an Spielsachen und Statussymbolen in ihren Zimmern nahezu unterzugehen. Einsam erscheinen die stolzen Besitzer, umgeben von ihrem sorgfältig arrangierten Sammelsurium aus Plastik. – JeongMee Yoon hat eine starke Botschaft an unsere Gesellschaft.

 

 

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