SIR

Ganze Kerle

„Was macht Männer sexy?“ – „Viele Dinge. Intelligenz. Ein Sinn für Humor und Freiheit“, antwortete Starfotograf Mario Testino einmal gegenüber der französischen Vogue. Auf die Frage, was seine ultimative männliche Stilikone sei, verwies er auf David Bowie, weil dieser sich, seinem eigenen Duktus folgend, stets treu geblieben sei. Mit dessen Musik wuchs der aufmüpfige Testino im konservativen Peru auf. Als einer der weltweit bekanntesten Modefotografen mit Sitz in London hatte er den berühmten Musiker später vor seiner Kamera. Eigentlich sind es kontrastreiche Glamouraufnahmen mit den schönsten Frauen der Welt, für die Testino bekannt ist, deshalb erstaunt er mit seinem beim Verlag TASCHEN jetzt neu aufgelegten Buch „SIR“.

Eine Bildersammlung, die während dreier Jahrzehnte entstanden ist und einen unvoreingenommenen Blick durch die Augen des freiheitsliebenden Fotografen gewährt. Sie definiert sein ganz persönliches Männerbild. Dass er zwischen den Machos und androgynen Jünglingen auch das Foto der peruanischen Präsidentengarde in das Konvolut aufnahm, ist seiner Faszination für Uniformen geschuldet. Auch das ein Aspekt der Maskulinität. Gänzlich wertfrei reihen sich die 300 Porträts in „SIR“, die unterhalten, überraschen und eines ganz klar machen: So sehr sich die Frau in den vergangenen Jahren von ihrer klassischen Rolle befreien konnte, so sehr hat auch der Mann seine gesellschaftlich auferlegten Fesseln lockern können – wovon dieses Buch zeugt. Deshalb darf es nicht durch die Präsenz schöner Männer wie Jude Law, Brad Pitt, Colin Firth und David Beckham auf eine ausschließlich erotische Ebene heruntergebrochen werden. Natürlich setzen Waschbrettbäuche Fantasien frei, doch wie komplex das Männerbild sein kann, vermitteln auch die anderen Inszenierungen in „SIR“ – und ganz besonders die wunderbaren Schnappschüsse.