Nadav Kander. The Meeting

DER SEELENFÄNGER

Ein großer Fotograf tritt mit seinem ersten bei Steidl verlegten und von ihm selbst mitgestalteten Buch an die Öffentlichkeit: Der in London lebende Nadav Kander (* 1961) präsentiert eine Serie sorgsam ausgewählter Aufnahmen von Prominenten wie Obama, Henry Kissinger, Martin Scorsese, Victoria Beckham, Trump und genauso von gewöhnlichen Menschen. Stets emotional und spontan, selbst wenn es wie oft bei den Prominenten ein festgelegtes Set und perfektes Make-up gibt. Kanders Talent ist es, die flüchtigen Momente, in denen sein Gegenüber sich offenbart, einzufangen oder ihn seinem Charakter entsprechend in Szene zu setzen. Viel Ehrlichkeit steckt in den Fotografien des in Leinen eingefassten Bildbandes „Nadav Kander. The Meeting“. Darin findet sich gleich auf den ersten Seiten eine geometrische Form mit drei feinen Linien: eine Triangel. Wenn er es schaffe, einen Betrachter mit einem Porträt gefangen zu nehmen, so der Künstler, komplettiere es die Triangel. Die Verbindung zwischen dem Porträtierten, dem Fotografen und dem Schauenden sei geschaffen und das Werk vollendet. Das entspricht ganz und gar seiner Haltung als Poet, als der er sich selbst bezeichnet. Nadav Kander erzählt Geschichten von ungeheurer Komplexität. Fast scheint es, als habe er sich während der Sitzungen in die Seelen der Porträtierten hineingegraben, um das Innerste sichtbar zu machen. So ist jede Aufnahme in dem 336 Seiten umfassenden Buch so individuell wie die Person, die es zeigt. Die Facetten sind derart wechselhaft, dass eine charakteristische visuelle Handschrift bei Nadav Kander nur schwer auszumachen ist. Erst in der tieferen Auseinandersetzung mit dem Porträt erschließt sich die Haltung des Poeten, die jedem Bild innewohnt. Das ist seine Signatur.