Das Leben ist bunt

DAS BEKENNTNIS ZUR FARBE

In letzter Zeit bringen Verlage von zahlreichen großen Schwarzweiß-Fotografen wie René Burri, Erwin Blumenfeld, Inge Morath, Robert Capa oder auch Elliott Erwitt Bücher mit wenig oder sogar völlig unbekannten Farbfotografien heraus. Dass diese Fotos so lange „versteckt“ gehalten wurden, verdeutlicht, wie schlecht es noch vor einigen Jahrzehnten um die Farbfotografie stand – sie war der Werbung und dem Kommerz vorbehalten, Reportagen und Kunst hatten hingegen Schwarzweiß zu sein, manchen galt Farbe sogar als „obszön“. Dennoch: Fast alle Fotografen haben eben auch zumindest hin und wieder einen Farbfilm in ihre Kamera gelegt. So auch der Fotograf Jacques-Henri Lartigue (1894-1986). Unter dem etwas nach Poesiealbum klingenden Titel „Das Leben ist bunt“ versammelt der nun veröffentlichte Band 100 Farbfotos. Das Besondere: Lartigue hat bereits sehr früh mit Farbe angefangen, ja, geradezu ungeduldig habe er ihre Erfindung erwartet, wie er sich in einem Interview mit Georges Herscher einmal zurückerinnerte. Für ihn waren Leben und Farbe untrennbar miteinander verbunden.

Dass das nicht nur so dahingesagt war, beweist ein Blick in sein Archiv: Von den 118.000 Negativen und Dias sind fast 40 Prozent in Farbe. Schon als Jugendlicher experimentierte er mit dem neuen Autochromverfahren, ab Ende der 1940er kam dann der Farbfilm hinzu. Vor diesem Hintergrund ergibt der Buchtitel dann auch wieder Sinn. Gerade Lartigues Autochrome sind von einem geradezu impressionistischen, melancholischen und zugleich sehr aufgeräumten Stil geprägt – da kommt der Maler durch. Sie zeigen den scheinbaren Alltag eines jungen Müßiggängers. Die späteren Aufnahmen bieten dann die gesamte Bandbreite des Mediums – von Landschaften über Gärten bis zur Street Photography und zwischendurch dann plötzlich Porträts von bekannten Persönlichkeiten wie Federico Fellini, Pablo Picasso, Edward Steichen und Fanny Ardant. Fürwahr: Das Leben von Lartigue war bunt!