Close

DAS LESEBUCH DES MARTIN SCHOELLER

Indem der hochdekorierte Martin Schoeller aus einer immer gleichen Perspektive heraus mit stets identischem Setting und Licht fotografiert, kommt er dem Inneren der Charaktere ziemlich nahe. In seiner beständig wachsenden Porträtserie tritt im Vergleich aller Personen als auch in der Gesamtübersicht eine neue Betrachtung auf den Menschen allgemein hervor. Der Blick richtet sich auf das, was nicht zu sehen ist, auf unsere Gesellschaft, deren Gesetzmäßigkeiten und Dynamik sich in den Gesichtern widerspiegeln und die Frage aufwerfen: Welche Bedeutung hat der Einzelne überhaupt? Ein interessanter Ansatz in Zeiten, in denen dem Individualismus meistens zulasten der Gemeinschaft der Vortritt gelassen wird. Bislang widmete sich Martin Schoeller in seiner Porträtreihe „Close Up“ überwiegend Prominenten wie Michael Douglas, Rihanna, Bill Murray, Barack Obama oder Taylor Swift (Buchcover rechts). Der Titel seines neuen beim Steidl Verlag erschienenen Buches „Close“ deutet vielleicht auf eine Fortentwicklung des Projektes hin. Die Annäherung nicht mehr nur hauptsächlich in praktischer Umsetzung für ein Abbild, also im Close-up, sondern aus einer inhaltlichen Position heraus, in der Nähe zum Menschen: „Close“. Jedenfalls nimmt sich Martin Schoeller nun die Freiheit, auch Unbekannte vor die Kamera zu laden, die nicht weniger spannend sind als die Gesichter der Prominenz, weil alle Gesichter Bände sprechen und wir darin lesen können.