PHOTOGRAPHIE-Talent Susanne Behr

INSZENIERUNG DES UNSCHEINBAREN

Wenn Susanne Behr in der Online-Community einen Volltreffer landet, dann überstrahlt er alles. Als Jägerin mit Fotoequipment ist sie auf der Suche nach dem einen Schuss. Und sie versteht es, ein Motiv mit den Möglichkeiten der digitalen Bearbeitung zu adeln.

Würdest du dich als Sammlerin von Überraschungen am Wegesrand bezeichnen?
Diese Bezeichnung trifft es ganz gut. Oft finde ich Dinge interessant, an denen viele Menschen achtlos vorübergehen. Das Besondere im Alltäglichen zu entdecken, es festzuhalten und für andere sichtbar zu machen, ist eine meiner Motivationen für die Fotografie.

Was zieht dich besonders an?
Architektur, minimalistische Motive, Schatten, Baustellen und Abbruchhäuser, Formen und Farben, grafische Motive, Abstraktes – Motive, die durch meine Betrachtungsweise Geschichten erzählen können oder das Kopfkino in Gang setzen. Das Besondere im Alltäglichen, altbekannte Motive neu zu entdecken.

Du bringst herausragende Fotos in verschiedenen Sujets hervor, scheinst also nicht festgelegt zu sein. Ist das gewollt, oder würdest du sagen, dass du noch auf dem Weg zu einer klar definierten Handschrift bist (die ja auch schnell in die Langeweile abrutschen kann)?
Vielen Dank für das Lob. Manche Motive sprechen mich mehr, andere weniger an und ich habe meine bevorzugten Motive in der Fotografie. Es freut mich natürlich, wenn jemand sagt, ‚dieses oder jenes Bild ist ein typischer Behr und man erkennt ihre Handschrift‘. Aber ich liebe es auch zu experimentieren und neue Dinge zu lernen, mich weiterzuentwickeln. Ich denke, ich habe ansatzweise einen eigenen Stil, bin aber viel zu experimentierfreudig und habe noch viel zu viele Ideen im Kopf, um mich da endgültig festzulegen.

Du arbeitest mit Composings und überarbeitest deine Bilder am Rechner. Da ist heute alles möglich. Wo ziehst du deine persönliche Grenze in der Bearbeitung? Oder gibt es einfach keine?
Ich verwende für meine Composings ausschließlich Bilder bzw. Bildteile, die ich selbst fotografiert habe. Stockfotos oder Vorlagen sind für mich ein No-Go. Ich möchte meine Arbeiten komplett selber gestalten und nicht auf die Arbeit oder Kreativität anderer zurückgreifen. Limitiert wird die Umsetzung meiner Ideen ab und zu von meinem mangelnden Know-how in Sachen Bildbearbeitung. Damit meine ich, dass ich manchmal (noch) nicht über das technische Wissen verfüge, um meine Ideen optimal am Rechner umsetzen zu können. Glücklicherweise gibt es mittlerweile viele Tutorials, die da Abhilfe schaffen können. Aber so dauert es manchmal ein wenig länger, bis ich mit dem Ergebnis wirklich zufrieden bin.

Zunächst hast du dich ja intensiv mit der Malerei befasst. Wieso bist du zur Fotografie übergewechselt? Welche Auswirkung hat die Malerei auf deine fotografische Arbeit?
Der Wechsel von der Malerei zur Fotografie hatte zunächst praktische Gründe. Ich musste mein Atelier aufgeben, da das Fabrikgebäude, in dem es untergebracht war, abgerissen wurde und ich nicht direkt neue Räumlichkeiten gefunden habe. Zuhause war einfach kein Platz für die großen Leinwände und so habe ich nach einer künstlerischen Betätigung gesucht, die platzsparender war. In meiner Jugend habe ich fotografiert, ich hatte mir damals sogar ein kleines Fotolabor im Badezimmer eingerichtet, und so begann ich wieder mit der Fotografie. Was zunächst als Übergangslösung geplant war, hat mich dann so sehr begeistert, dass ich die Malerei vorerst auf Eis gelegt habe. Die Grundlagen der Malerei, beispielsweise die Farbenlehre oder die Regeln über den Bildaufbau, helfen mir auch in der Fotografie. Sei es direkt bei der Aufnahme durch die Wahl der Perspektive und des Bildausschnittes oder aber beim Erstellen eines Composings beim Bildaufbau und der Farbgebung.

Was ist dein fotografisches Ziel?
Ich möchte mir immer treu bleiben und die Bilder machen, die mir wichtig sind und die mir zusagen. Sollten andere Menschen Gefallen daran finden, so freut mich das sehr, aber wichtig für mich ist, dass ich mich mit meinen Bildern identifizieren kann. Dabei wäre es schön, wenn es mir gelingt, keine 08/15-Fotos zu machen, sondern entweder neue Motive zu entdecken beziehungsweise zu kreieren oder aber altbekannten Motiven eine neue Seite abzugewinnen.

DAS EQUIPMENT:

Susanne Behr: „Tatsächlich benutze ich noch die Canon EOS R mit dem dazugehörigen Kit-Objektiv 24-105 mm, die ich 2019 als Jahressieger der PHOTOGRAPHIE gewonnen habe. Aber grundsätzlich finde ich es nicht wichtig, welche Kamera man benutzt. Das Zitat von Gisèle Freund ‚Das Auge macht das Bild, nicht die Kamera’, ist auch mein Motto.”