Hollywood in der Helmut Newton Stiftung

BY THE WAY

Ein Wiedersehen mit zahlreichen Hollywoodstars gibt es aktuell und bis zum 14. August im Projektraum der Helmut Newton Stiftung (im Museum der Fotografie) in Berlin. Sie alle standen während der Berlinalen von 2003-2019 quasi im Vorbeigehen vor der Kamera des Auftragsfotografen Gerhard Kassner. Obwohl er den Prominenten physisch sehr nahe gekommen ist, wirken seine Porträts verblüffend sachlich und lassen so Raum für einen eigenen Zugang zu diesen Persönlichkeiten.

Hollywood ist Marke und Mythos, seit Jahrzehnten eine Illusionsmaschine, die ihresgleichen sucht, nicht nur, wenn im Frühjahr die Oscars vergeben werden. Vor etwa hundert Jahren hatte die Ufa in Berlin eine vergleichbare Position und Macht, nach dem Zweiten Weltkrieg galt dies auch für Cinecittà in Rom als Produktionsstätte für Filme und als Aufenthaltsort von Schauspieler*innen und Regisseur*innen. Die großen europäischen Filmfestivals mit ihren entsprechenden Preisen in den unterschiedlichen Kategorien – je nach Stadt sind es bekanntlich goldene und silberne Bären, Palmen oder Löwen – verursachen jährlich einen zusätzlichen Hype um das Medium Film.

Auf der Berlinale gaben und geben sich bekanntlich auch regelmäßig viele Hollywood-Celebrities ein Stelldichein. Jeder von uns war schon mal auf der Berlinale, manche vielleicht auch am Roten Teppich, aber keiner hat allen Filmstars der vergangenen Jahre in Berlin ins Auge geschaut. Keiner, mit vielleicht zwei Ausnahmen: Dieter Kosslik, der langjährige Festival-Chef, und Gerhard Kassner. Dieser wurde 2003 von der Berlinale-Leitung damit beauftragt, ein offizielles Porträt der teilnehmenden Schauspieler*innen, der Regisseur*innen, Juror*innen, Produzent*innen oder anderer wichtiger Personen aus dem Filmbusiness zu machen. Kassner hat also fast 20 Jahre lang viele Hollywood-Stars in einem kleinen improvisierten Studio porträtiert; dafür blieben ihm meist nur einige Minuten Zeit, teilweise mit nervigen oder nervösen Agenten im Nacken, bevor die Stars zur Pressekonferenz und zum kurzen Photo Call für die Kollegen weiterzogen.

In Kassners Porträts spüren wir gegenüber solchen Aufnahmen eine gewisse Intimität und eine Empathie für sein Gegenüber. Das Gesicht ist genauso Ausdruck der Individualität eines Menschen wie dessen Gesten. Diese sind hier sparsam eingesetzt, aber pointiert. Gerhard Kassner hat die großen Illusionsräume, die das Kino gemeinhin schafft, auf eine unmittelbare menschliche Begegnung heruntergebrochen. In manchen Bildern vermag er auch hinter die Fassade aus professioneller Abgebrühtheit oder arroganter Attitüde zu schauen – auf diese Weise verwandelt er die normalerweise so Unnahbaren und vermenschlicht sie.