Fotofestivals jetzt abgesagt

Harte Zeiten …

erfordern harte Maßnahmen. In Zeiten der Covid-19 Pandemie entscheiden sich weltweit Veranstalter dazu ihre Messen, Ausstellungen und Events abzusagen. Auch die deutsche Fotoszene ist schwer getroffen. Zum Allgemeinwohl wurden nicht nur die photokina, sondern auch das RAW Photofestival, Horizonte Zingst, jüngst auch das Lumix Fotofestival für junge Fotografie und zahlreiche Ausstellungen ausgesetzt. Mit diesem Bericht holen wir Henrik Spohler mit seiner geplanten Ausstellung beim RAW Festival immerhin auf den heimischen PC – mit einem brisanteren Thema denn je.

„Festivals sind für mich spontane Spiegel der Fotoszene. Während bei Museen die Ausstellungen von langer Hand geplant und inszeniert werden, sind Ausstellungen wie bei RAW spontan und auch authentischer“, erzählt uns Henrik Spohler von seiner ersten Teilnahme an der RAW Phototriennale Worpswede.

Größer denn je sollten vom 21. März bis zum 19. April in dem niedersächsischen Künstlerdorf wöchentlich Filmabende, Vorträge, Schauen sowie Künstlergespräche stattfinden. Doch nicht nur der kunsthistorische Hintergrund der malerischen Gemeinde war für Spohler ein Argument, dort seine Arbeiten zu präsentieren: „Die tolle Kuratierung war für mich auch ein Grund, in diesem Jahr das erste Mal dabei zu sein. Den Ort Worpswede finde ich interessant: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde dort auch unser heutiges Bild norddeutscher Landschaft geprägt. Natur ist ein utopischer Begriff – unsere Landschaft in Deutschland ist fast ausschließlich kulturell geformt: Im Neolithikum vor und 7.000 Jahren wurden die ersten Wälder für die Landwirtschaft gerodet und nach dem 30-jährigen Krieg war Deutschland vollständig entwaldet. Auch die schöne Heidelandschaft ist ein reines Kulturprodukt.“

Seit rund 20 Jahren dokumentiert der heutige Professor für Fotografie im Studiengang Kommunikationsdesign bahnbrechende technische und ökonomische Entwicklungen der Menschheit. Und das, blickt man auf seine Auszeichnungen und berücksichtigt die leidenschaftlichen Sammler seiner Bilder, mit viel Erfolg. Während der Hamburger zu Beginn seines Schaffens noch gigantische Serverfarmen aufsuchte, wollte er auf dem RAW Photofestival seine weltweiten Aufnahmen von Nahrungsmittelplantagen zeigen. Neben Henrik Spohler wollten sich nicht nur weitere international renommierte Fotografen, sondern auch aufstrebende Talente dem Thema „Changing Realities“ vor Ort widmen. In unserem Vorabgespräch geht Henrik Spohler auf das Konzept seiner Arbeit ein: „Die deutsche Romantik beschäftigt sich mit der Ewigkeit der Landschaft und gerade aus Worpswede kamen Dichter und Denker, die sich dieses Themas angenommen haben. Vor diesem Hintergrund setzt mein Projekt an diesem Ort sicher einen Kontrapunkt. In ‚The Third Day‘ untersuche ich, wie sich der Mensch in Anlehnung an die Schöpfungsgeschichte zum Herrscher über die Natur aufschwingt. Meine Grundfrage ist: Welches Landschaftsbild habe ich selbst? Die paradiesischen Zustände im Supermarkt prägen unsere Landschaft: In den USA gedeihen Monokulturen unter freiem Himmel, in den Niederlanden unter Glasgewächshäusern und in Spanien sind Quadratkilometer unter Plastik verhüllt. In Belgien, nahe Genf, wird Reis für Indonesien entsprechend nach Biomasse, Größe, Ertrag und Resistenz gezüchtet. Doch trotzdem ist es wichtig für mich, das alles nicht nur zu kritisieren. Schließlich hängen wir alle davon ab.”

www.raw-photofestival.de