„feat. of Photolegend and Talents“ von Kai Stuht

FACES OF DELHI

Joe Hahn gehört zur A-Prominenz weltweit. Berühmt wurde er allerdings nicht durch die Fotografie, sondern als Musiker – er ist kein Geringerer als der DJ von Linkin Park. Kai Stuht war mit ihm in Indien und durfte erleben, was er auch hinter der Kamera auf dem Kasten hat.

Als Fotograf habe ich viel erlebt, aber mit Linkin Park Backstage und auf der Bühne vor fast 100.000 Menschen in Mailand zu stehen, war dann doch eines der absoluten Highlights meiner fotografischen Karriere.

Mit Joe Hahn verband mich immer das Interesse an der Fotografie und am Film. Er prägte die Band maßgeblich durch seine Kreativität, produzierte als Regisseur die meisten Videos und war bei vielen Hits der kreative Kopf. Einmal sagte er mir, dass seine Leidenschaft das Filmen ist. Wer Joe kennt, sieht ihn immer mit einer Kamera.

Einen Superstar wie Joe davon zu überzeugen, einen 20-Stunden- Flug von seinem Wohnsitz Hawaii in einen anderen Teil der Erde auf sich zu nehmen, braucht ein besonderes Highlight wie Delhi. Viele leidenschaftliche Fotografen haben den Traum, in das Chaos dieser Metropole zu versinken: Hier knallt die Vergangenheit mit voller Wucht auf die Neuzeit. Nirgendwo sonst sind Streetfotos so anders, so wirkungsvoll und besonders.

Chandni Chowk, die Altstadt von Delhi, ist wirklich das pure Chaos. Der Verkehr ist so irrwitzig, dass man nur auf zwei Rädern, einer Rikscha oder zu Fuß in diesen Stadtteil gelangt. Belohnt wird man dort mit einer Fülle von Reizen: Permanent schiebt sich eine hektische Menschenmasse durch das verzwickte Labyrinth der engen Gassen. Old Delhi, wie dieser Bezirk auch genannt wird, hat viel zu bieten. Fashion-Stores à la Indien, jahrhundertealte Parfümerien, skurrile Kräuterläden und stark vegetarisch organisierte Imbisse. Da Joe auch Skateboarder ist, entschlossen wir uns, Chandni Chowk auf ungewöhnliche Art und Weise zu erkunden: mit Elektroskateboards. Es war wie mit einem fliegenden Teppich durch das Chaos von überladenen Fahrrädern, Rikschas und Menschenmengen zu heizen.

An jeder Ecke gab es besondere Motive: Menschen, deren Gesichter vom Leben gezeichnet waren, Mönche und alte Männer mit extrovertierten Styles. In Indien prallt alles aufeinander. Westlich inspirierte Mode trifft auf jahrtausendealte Kultur. Nur selten fällt man unangenehm auf, wenn man das rege Treiben fotografiert. Joe war in seinem Element – Skateboarden und Fotografieren in einem Paradies der Motive. Es war inspirierend zu sehen, wie er in diesem Chaos aufging, er ließ es sich auch nicht nehmen, mit der Rikscha auf einer der gefährlichsten Hauptstraßen Delhis durch die Stadt zu fahren. Sein Nerv war getroffen und erst als die Sonne unterging, fuhren wir zurück ins Hotel. Wir verabredeten uns für den nächsten Morgen, um das Experiment bei Sonnenaufgang fortzusetzen. Eigentlich ist Indien fast überall so wie in Chandni Chowk, und trotzdem verändert sich das Land rasant. Die Neuzeit fräst sich in einer unglaublichen Geschwindigkeit durch Indiens Kultur. Es entsteht eine ganz eigene Interpretation, es bleibt für die westliche Kultur eine chaotische Transformation.

Den ganzen Text finden Sie in der Photographie Ausgabe 1-2/20 oder im E-Paper.

kai-stuht.org