Verlag Schirmer/Mosel mit Bildband Robert Mapplethorpe

Die große Retrospektive

Robert Mapplethorpe (1946-1989) galt bereits vor seinem frühen Aids-Tod als einer der innovativsten Meister der zeitgenössischen Kunstfotografie. Mit seinen hochstilisierten und hocherotischen Aktportraits löste er heftige Kontroversen über die Freiheit der Kunst aus.

The Black Book – die spektakuläre Anthologie seiner seinerzeit schockierenden Aktaufnahmen von afroamerikanischen Männern, mit ihren teilweise frontalen Darstellungen des männlichen Geschlechts – war beim ersten Erscheinen 1986 noch Gegenstand aufgeregter staatsanwaltlicher Ermittlungen und stand unter Pornographieverdacht. Heute zählt das Buch zum klassischen Kanon der großen Photobildbände des 20. Jahrhunderts.

Schirmer/Mosel legt es zur Pariser Retrospektive in einer fest gebundenen Neuauflage wieder vor. Die darin enthaltenen Photographien sind längst museumswürdig geworden und für Studierende wie Schaulustige jeden Alters und Geschlechts Gegenstand der Kunst und damit der ästhetischen Betrachtung. Fünfundzwanzig Jahre nach Robert Mapplethorpes Tod ist seine Hommage an den schwarzen männlichen Körper nach wie vor einer der wichtigsten visuellen Beiträge zur Diskussion über Schönheit, Sinnlichkeit und Sexualität in der Photographie des 20. Jahrhunderts.

Flowers, das erste Mapplethorpe-Buch, das ein Jahr nach seinem Tod vom Nachlass herausgegeben wurde, dürfte – auf den ersten Blick – nicht weniger irritiert haben: ausschließlich Farbaufnahmen und ausgerechnet Blüten. Dabei hatten Blumenstillleben von Anfang an ihren festen Platz in Mapplethorpes Motivwelt, wenn auch einen weniger spektakulären. Wie seine schwarzweißen Akte und Portraits verkörpern auch die Blumenstillleben Mapplethorpes Suche nach ästhetischer Perfektion. Unter Mapplethorpes Blick verlieren Blumen ihre Unschuld, Sexualität wird zum Stillleben stilisiert. So findet man in Flowers beides wieder: das erotische Drama und die absolute Klarheit der Komposition – die Pole und Quintessenz von Mapplethorpes Werk. In ihren farbigen Inszenierungen scheinen Mapplethorpes Flowers mit ihren manierierten Blüten, die der Pflanzen Geschlechtsteile sind, fast eine erotischere Ausstrahlung zu haben als die Aktphotographien von The Black Book.

http://schirmer-mosel.com