Die bayrische Seele …

@Sebastian Beck

… gilt als bodenständig, lebenslustig, heimatverbunden und weltoffen zugleich. Und wenn wir von Seele sprechen, meinen wir das Innerste, das Wahrhaftigste. Dem kamen die Journalisten Sebastian Beck und Hans Kratzer in dem jetzt erschienene Bildband „Zeitlang – Erkundungen im unbekannten Bayern“ der Süddeutsche Zeitung Edition sehr nahe.

Zeitlang
Sebastian Beck, Hans Kratzer
Süddeutsche Zeitung Edition
www.sz-shop.de
28 Euro

Auf ihrer Reise durch das südlichste Bundesland an der Grenze zu Italien lagen ihnen abgeschmackte Klischees geprägt von überzogenen Heimatvorstellungen oder tourismuskonformen Versprechen fern. Sie reißen mit Wort und Bild die idealisierte Fassade vom Freistaat ein und öffnen den Blick auf sensible Strukturen, die wie auch andernorts dem Wandel der Zeit unterworfen sind. In denen auch lieb Gewonnenes verloren geht, ganz so wie der Begriff „Zeitlang“ wie Hans Kratzer in seinem Text moniert. Dabei sei Zeitlang ein Gefühl, „das den Kern der menschlichen Existenz berührt. In dem Wort steckt mehr Poesie als in einem Dutzend Schmalzromanen. Mit seiner Hilfe formulierten verliebte Jünglinge ihre Sehnsucht: ‚Ich hab so Zeitlang nach Dir!‘“ Dieses Idiom, heute getrennt und nicht sehr oft gebraucht, steht für Sehnsucht als auch Langeweile. Letzteres gilt trotz seiner maßgeblichen Bedeutung für einen geordneten Geist, kreative Neuschöpfungen und ein gesundes Nervenkostüm heute im digitalen Zeitalter mit seinen alternativen Unterhaltungs- und Informationsangeboten als vertane Zeit.  … Im Buch mit Fotografien von Sebastian Beck allerdings bleibt sie stehen. Zumindest während des Moments der Auslösung. In stille Motive mit verständnisvollem Blick auf die bayrische Lebenswelt führt der Fotograf zu Gehöften, Ortschaften, Menschen, Kirchen und Landschaften und schafft ein ehrliches Porträt, dem man sich gerne hingibt.