Andreas Mühe bei Anita Beckers

BRÜDER UND SCHWESTERN

Anlässlich des 175. Geburtstages des Zusammentretens der Nationalversammlung in der Paulskirche präsentiert die Galerie Anita Beckers eine Ausstellung, die unter anderem neue und sich noch im Prozess befindende Arbeiten des bekannten Fotografen Andreas Mühe vom 11. Mai bis zum 24. Juni erstmalig zeigen.

Frankfurt und seine Paulskirche, die Wiege der Demokratie, werden zum Prüfstand deutsch-deutscher Beziehungen nach 1945 im Werkzyklus „Brüder und Schwestern“. Wie häufig in seiner künstlerischen Auseinandersetzung verschränkt Andreas Mühe in der Ausstellung deutsche Geschichte mit seiner eigenen Familiengeschichte, indem er den Tod der Urgroßeltern im Zyklus „Anna und Gottlob“ zum Ausgangspunkt für seine Überlegung macht, wie wir in unserer Gesellschaft mit Opfer- und Täterschaft umgehen. 45 Stricke, die sich auf das Jahr des Kriegendes 1945 beziehen, bilden den Ausgangspunkt für die Betrachtung einer deutsch-deutschen Geschichte nach 1945.

Andreas Mühe, Jahrgang 1979, bekennt sich zu den „Taten seiner Vergangenheit“, dem ewigen Reigen von Mitläufern, Mitwissern und Mitschweigern. Nicht nur der gemeinsame Todestag der Urgroßeltern im April 1945, festgehalten auf dem Grabstein, der nicht auf dem Friedhof stand, sondern auf dem Feld bei der Scheune, umrahmt von einer Tannenanpflanzung – sie hatten ihren eigenen kleinen Friedhof – war ein Tabu, sondern auch ihre mögliche Exekution durch sowjetische Zwangsarbeiter oder auch Soldaten der Roten Armee angesichts der näher rückenden Front und die später folgende Verweigerung für den Großvater, die Leichen auf dem Friedhof des Ortes begraben zu dürfen. Die Familie, erst in der Sowjetischen Besatzungszone, dann in der späteren DDR lebend, schwieg dazu.

galerie-beckers.com