Lumix S1RII im Praxistest

Starker Spätzünder

Erinnern Sie sich, wie Panasonic im Januar 2023 seine Mittelklasse-Kameralinie im Vollformat mit der Lumix S5II und der S5IIX auf den aktuellen Stand gebracht hat? Sofort kam die Forderung nach einem Technik-Update für die High-End-Modelle der noch älteren S1-Familie. Es sollte noch zwei Jahre dauern, bis Panasonic den Nachfolger seiner Lumix S1R präsentierte: die S1RII mit 44,3 MP. Überraschenderweise stellte Panasonic dann Mitte Mai 2025 der hochauflösenden Lumix S1RII noch die S1II und die S1IIE zur Seite, zwei 24-Megapixler mit unterschiedlichem Sensor.

Detailreiche Motive sind die Stärke der Lumix S1RII. Hier mit dem Sigma 2,8/28-105 mm bei Offenblende.

Bewährtes Bedienkonzept
Nachdem in der Vergangenheit vielfach die Lumix S1 für ihre Größe und ihr Gewicht kritisiert wurde, wollte Panasonic sich diesem Vorwurf bei der S1RII nicht mehr aussetzen. Also packten die Ingenieure aktuelle Foto- und Videotechnik ins Gehäuse der S5II, das lediglich zwei Millimeter tiefer und 60 g schwerer wurde. Ebenfalls aus der S5II übernommen ist der pfiffige Lüfter mit dem Ein- und Auslass am Sucherprisma; wichtig zur Kühlung von 4k- und 8k-Video. Das Tasten- und Schalterlayout der S1RII entspricht über weite Strecken dem der S5II.

Den an der S1RII neuen, roten Video-Startknopf an der linken Gehäusevorderseite für Youtuber sollten Fotografen im Menü gleich stilllegen und mit einer anderen Funktion belegen. Beim Hantieren mit der Kamera wird er zu leicht unbeabsichtigt gedrückt und startet die Videoaufnahme. Ebenfalls neu, aber praktisch ist der Drehschalter unter dem Antriebsmoduswahlrad. Damit lässt sich schnell zwischen der Aufnahmeart „Foto“ und „Video“ wählen. So sieht der Nutzer nur die jeweils relevanten Einstellungen. In beiden Aufnahmearten voneinander getrennt sind auch wichtige Einstellungen wie ISO-Empfindlichkeit oder Weißabgleich. Mit der Schalter- und Knöpfe-Vielfalt einhergeht das Lumix-Menü, das ein Maximum an individuellen Einstellungen eröffnet. Da bleiben kaum Wünschen offen.

Im Panoramaformat 65:24 erzeugt die S1RII ein 24-Megapixel-Bild als JPEG, das RAW ist im vollen Format.

Starker Sucher
Ebenfalls schön, dass Panasonic in seiner S1RII den mit 5,76 Millionen Bildpunkten gleich hoch auflösenden Sucher der S1 verbaut hat. Im Vergleich zum 3,68-MP-Sucher der S5II erleichtert der S1RII-Sucher die exakte manuelle Scharfstellung erheblich. Davon profitieren vor allem Fotografen und Videografen, die von Hand fokussieren. Nicht minder wichtig ist das Kameradisplay, dessen Beweglichkeit noch einmal besser ist als die bis dato besten Lumix-Monitorsysteme an der S1, GH6 und GH7. Der S1RII-Monitor lässt sich nun in 3 cm Abstand parallel zur Rückwand bringen (zur besseren Wärmeabgabe bei Video). Erstmals ist er fürs Fotografieren über Köpfe hinweg in der optischen Achse jetzt auch nach unten zu neigen.

Kommen wir zu den inneren Werten der Lumix S1RII. Zwar hält sich Panasonic bedeckt, doch wird gemunkelt, dass der rückseitig belichtete Sensor mit effektiv 44,3 Megapixeln ein moderner Chip von Sony Semiconductor Solutions ist. Das klingt plausibel, sind die praktischen Ergebnisse des S1RII-Sensors bei hohen Empfindlichkeiten und beim Dynamikumfang denen des garantiert mehrere Jahre älteren 24-MP-Sensors in der S5II mindestens ebenbürtig. Der mit 6 µm größere Pixel Pitch der auflösungsschwächeren Lumix S5II bringt gegenüber der S1RII mit ihren 4,4 µm so gut wie keinen Vorteil. Eine starke Leistung für den 44-Megapixler! Wer häufiger bei wenig Licht und hohen ISO-Werten (ISO 6400 und darüber) fotografiert, kann also bedenkenlos zur Lumix S1RII greifen. Wie schon bei der S5II sind auch bei der Neuen die Farben und Hauttöne einfach top.

Der gute Dynamikumfang des Sensors sorgt für Durchzeichnung bei hellen und dunklen Motivteilen.

AF erfordert Feinschliff
Das Haar in der Suppe ist beim Pufferspeicher der S1RII zu finden. Er füllt sich recht schnell nach weniger als zwei Sekunden. Ist er voll, stoppt die Kamera ganz. Bei Dauerfeuer belichtet die S1RII maximal 70 Bilder, egal, ob als JPG allein oder kombiniert als JPG und RAW. Während die JPGs superschnell weggespeichert werden, dauert das Speichern von JPG und RAW mehrere Sekunden. Nicht akzeptabel für Sport- und Tierfotografen.

Bei Serien von maximal 40 B/s sind naturgemäß einige unscharfe Aufnahmen dabei – je nachdem, wie schnell sich das Motiv bewegt. Unter passablen Lichtverhältnissen funktioniert der Augen-AF recht zuverlässig. Allerdings fokussierte die Kamera bei Porträtaufnahmen zusammen mit dem Lumix S 1,8/85 mm häufiger auf die Wimpern, nicht auf die Pupille. Die war dann bei offener Blende sichtbar unschärfer. Hier fehlt dem Phasen-AF noch der Feinschliff. Dennoch nichts, was sich nicht mit einem Firmware-Update in den Griff bekommen ließe.

Fazit:
Mit der Lumix S1RII hat Panasonic eine ausgezeichnete Fotokamera und unglaublich starke Videokamera zum Kampfpreis auf den Markt gebracht. Wer mit ihrer eingeschränkten Tauglichkeit für die Sport- und Tierfotografie leben kann, erhält mit der S1RII einen sehr, sehr starken Universalisten für Still und Video.

Text & Praxisbilder: Frank Thoma

 

Panasonic Lumix S1RII

Sensor: 44,3 MP / 35,8 x 23,9 mm / 4,4 µm
Foto: 8144 x 5424 Pixel
Video: Max. 7680 x 4320; 120p – 24p
Bildstabilisierung: Sensor-Shift + Objektiv
Empfindlichkeit: ISO 80-51.200 (40-102.400)
Autofokus: Phasen-AF / Kontrast-AF
Serienbilder: Max. 40 B/s (elektron.), 10 B/s (mech.)
Verschlusszeiten: 1/16.000 s (elektron.) – 60 s / B
Sucher: 5,76 Mio. Pixel / 100 %
Monitor: 3,0“ / 1,84 Mio. / neig. & schwenk. / Touch
Maße & Gewicht: 134 x 102 x 92 mm / 800 g
Preis (UVP): 3.599 Euro (nur Gehäuse)